INTEGRAL WORLD: EXPLORING THEORIES OF EVERYTHING
Ein Forum für eine kritische Diskussion über die integrale Philosophie von Ken Wilber



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Ein Shambhala Interview
mit Ken Wilber

über die Veröffentlichung von Boomeritis,
und die Fertigstellung von Band 3 der Kosmos Trilogie

Shambhala: Wir wollten mit ihnen über [das Buch] Boomeritis sprechen, welches in wenigen Monaten veröffentlicht wird - speziell über die Vorbilder im wirklichen Leben für die Personen darin, wie sie dazu kamen das Buch zu schreiben, und die außergewöhnliche Aufregung die darum entstanden ist. Doch bevor wir darüber sprechen, es wird gesagt dass sie den Band 3 der Kosmos Trilogie bereits fertiggestellt haben.

Ken Wilber: Es sieht so aus.

Shambhala: Sieht so aus?

Ken Wilber: Nun, irgendwie ist es passiert, ich bin da hineingestolpert, so in der Art. Band 1 ist Sex, Ecology, Spirituality [Eros, Kosmos, Logos], doch Band 2 ist noch nicht fertig, obgleich ich bereits etwa 1000 Seiten dafür geschrieben habe. Wie auch immer, Band 3 hat den vorläufigen Titel Der Geist der Post/Moderne [The Spirit of Post/Modernity], und es geht um wirklichen Postmodernismus - was Post-Postmodernismus bedeutet - und ich hatte das meiste dieses Bandes bereits fertig in meinem Kopf geschrieben. Doch vor kurzem begann ich damit, Teile davon in verschiedene Schriften abzuzweigen. Ich verwendete einiges davon in der Antwort auf Habermas und Weiss [„On the Nature of a Post-Metaphysical Spirituality," veröffentlicht auf dieser Webseite (AdÜ: damit ist immer www.shambhala.com gemeint)]. Ich verwendete einiges davon in verschiedenen Ausführungen [sidebars], als so eine Art Gratisbeiheftungen zu Boomeritis [viele davon bereits auf dieser Webseite veröffentlicht]. Und dann schrieb ich während der letzten zwei Wochen ein Buch mit 250 Seiten mit dem Titel Kosmisches Karma [Kosmic Karma], über einen integral methodischen Pluralismus, und ich brachte vieles von dem was für Band 3 noch übriggeblieben war darin unter. Wenn wir all das aufaddieren kommen wir auf 800 Seiten, die ich während der zurückliegenden fünf Monate geschrieben habe, und ich fürchte das ist Band 3 so wie ich ihn geplant hatte. Daher werde ich in den kommenden Monaten all dieses Material zusammenfügen, und als einen eigenständigen Band herausgeben. Die Ausführungen werde ich so lassen wie ich sie veröffentlicht habe, und werde eine kurze Zusammenfassung von Kosmisches Karma hinzufügen, als Ausführung I und J. Doch das Material wird überarbeitet und mit den anderen Veröffentlichungen integriert werden, einschließlich dem 250seitigen Werk, welches bisher noch nirgendwo erschienen ist. Was immer der tatsächliche Titel von Band 3 sein wird, es geht um den post-postmodernen, post-Kantischen, post-metaphysischen, post-grünen, post-ontologischen Ansatz gegenüber dem Kosmos. Du lieber Gott, das klingt unglaublich langweilig!

Shambhala: Also werden sie Band 3 vor Band 2 herausbringen?

Ken Wilber: Es sieht so aus. Ich das nicht auf eine hysterische Art komisch, was meinen sie?

Shambhala: [Lacht] Sagen wir es ist ungewöhnlich. Der post-metaphysische Aufsatz [„On the Natur of a Post_Metaphysical Spirituality: Response to Habermas and Weiss"] hat bereits einigen Staub aufgewirbelt, hier und im Ausland, speziell in Deutschland. Wahrscheinlich wird Band 3 noch einiges mehr in dieser Richtung verursachen. Wie denken sie darüber?

Ken Wilber: Ich denke dass es eine wirklich aufregende Zeit für diese Art von theoretischer Forschung ist, so lange sie die wirkliche spirituelle Praxis ergänzt, und nicht ersetzt. Wie sie wissen ist meine Arbeit im Grunde ein Aufruf zur Praxis, und kein Ersatz dafür. Doch das Großartige daran ist, dass wir jetzt in dieser Zeit, erstmalig in der Geschichte, Einsicht haben in die großen prämodernen Weisheitstraditionen, und zusätzlich in die naturalistische Wende der modernen Traditionen, und zusätzlich in die der linguistische Wende der postmodernen Traditionen. Die Würdigung all dieser Wendungen - prämodern, modern, und postmodern - und der Versuch einen Weg zu finden der ihre Beiträge respektiert, anerkennt und umarmt, ohne irgendeinen davon zu verabsolutieren, ist eine wirkliche Herausforderung - herausfordernd und wichtig. Das ist das was Band 3 zu tun versucht.

Shambhala: Verwenden sie die AQAL Matrix für diesen Ansatz ?

Ken Wilber: Nun, erinnern wir uns daran, dass die AQAL Matrix - „alle Quadranten, alle Ebenen" - die Kurzform für zwei Dinge ist, die praktisch in allen Kulturen der Welt gefunden werden. „Alle Quadranten" meint einfach die vier grundlegenden Dimensionen des Ich, Wir, Es [Einzahl] und Es [Mehrzahl] - oder einfach die „Grossen Drei" des Ich, Wir und Es - welche in allen menschlichen Sprachen auftreten. Das heißt, alle wesentlichen Sprachen haben Fürwörter der ersten Person, der zweiten Person und der dritten Person. Und das ist so, weil mit der Entwicklung der Sprachen über die Zeit die Sprachen sich diesen sehr realen Dimensionen anpassten. Es gibt Dimensionen des in-der-Welt-seins der ersten Person, es gibt Dimensionen des in-der-Welt-seins der zweiten Person, es gibt Dimensionen der in-der-Welt-seins der dritten Person. Alles was ich vorschlage ist, dass wir zum einen weder eine dieser Dimensionen marginalisieren oder unterdrücken, oder, zum anderen, sie verabsolutieren oder übermäßig privilegieren.

Das betrifft den „alle Quadranten" Teil. Der „alle Ebenen" Teil bedeutet, dass die meisten menschlichen Kulturen eine Art Bewusstseinsspektrum anerkennen - zumindest dergestalt dass alle Menschen wachen, träumen und schlafen - und so Zugang zu grobstofflichen, subtilen und kausalen Zuständen des Bewusstseins haben. Wenn wir diese zwei Dinge zusammentun, dann liegt es nahe, dass man sich jedem Hauptzustand des Bewusstseins aus der Perspektive der ersten, zweiten und dritten Person nähern kann: also, „alle Quadranten, alle Ebenen", oder AQAL.

Und daher ist die AQAL Matrix nicht etwas was ich mir ausgedacht habe. Ihre grundlegenden Bestandteile treten in allen Kulturen auf, wenngleich sie auch von Kultur zu Kultur unterschiedlich interpretiert werden. Doch alle Menschen wachen, träumen und schlafen, und alle Menschen haben Perspektiven der ersten, zweiten und dritten Person: mit anderen Worten, sie alle existieren in einem AQAL Raum.

Nun habe ich meine eigene Version der AQAL Matrix - welche Wellen, Ströme, Zustände, Typen und so weiter beinhaltet - doch das ist lediglich meine Version. Andere integrale Theoretiker haben ihre Version. Doch das Einzige was ich dabei betone ist, dass, wenn man nicht alle Quadranten über das ganze Spektrum menschlicher Möglichkeiten berücksichtigt, man nicht so integral ist wie man sein könnte.

Shambhala: Und Band 3 untersucht alle diese Themen.

Ken Wilber: Ja, speziell die Anwendung auf die verschiedenen Arten von Untersuchungen, die Menschen zur Verfügung stehen, um diesen gemeinsam erschaffenen AQAL Raum darzustellen und zu erforschen. Es scheint mir, dass das was wir vermeiden wollen verschiedene Arten von Absolutismus sind. Es gibt Quadranten-Absolutismus, wo jemand darauf besteht dass nur ein Quadrant oder eine Perspektive gültig ist. Szientismus zum Beispiel gesteht nur den Ereignissen, die mit der Perspektive der dritten Person gesehen werden können, Wirklichkeit zu, und verneint vehement Wirklichkeit für alle Phänomene der ersten und zweiten Person. Postmoderne Hermeneutik gesteht Wirklichkeit überwiegend dem intersubjektiven Feld und seinen Ereignissen der zweiten Person zu; allen objektiven Dimensionen der dritten Person des in-der-Welt-seins wird Wirklichkeit vehement abgesprochen, und so weiter.

Ganz ähnlich gibt es Wellen-Absolutismus, wo lediglich den Wirklichkeiten, Werten und Phänomenen Gültigkeit zugestanden wird, die von der eigenen Welle des Bewusstseins aus gesehen werden. Wissenschaftlicher Materialismus ist der Überzeugung, dass nur die Ereignisse, die von der orangen Welle aus gesehen werden, real sind. Partizipatorischer Pluralismus glaubt, dass nur die Ereignisse, die von der grünen Welle aus gesehen werden real sind, und so weiter. Analog gibt es Strom-Absolutismus, Zustands-Absolutismus, und Typen-Absolutismus, um einige wenige der bekannten zu nennen.

Unglücklicherweise werden die meisten Bereiche heutzutage zum einen vom Modernismus dominiert - welcher ein Quadrant-Absolutismus ist (ausschließlich dritte Person), ein Wellen-Absolutismus (nur orange), ein Zustands-Absolutismus (ausschließlich Wachzustand), und ein Typ-Absolutismus (nur männlich) - und zum anderen vom Postmodernismus - welcher ein Quadrant-Absolutismus ist (ausschließlich zweite Person), ein Wellen-Absolutismus (nur grün), ein Zustands-Absolutismus (ausschließlich Wachzustand), und oft ein Typ-Absolutismus (nur weiblich).

Es erübrigt sich dabei die Feststellung, dass dies keine sehr nette Art ist mit dem Kosmos umzugehen. Ich denke dass diese Absolutismen Dinge sind, die wir bei einem integral methodischen Pluralismus zu vermeiden versuchen. Wie auch immer, darum geht es größtenteils in Band 3 - die Verwendung all der verfügbaren Arten der Untersuchung zur Darstellung und Erforschung aller Quadranten, aller Wellen, aller Ströme, aller Zustände, aller Typen - und nicht dem Kosmos Gewalt anzutun durch die Auswahl eines engen Bereiches davon, bei Verdammung von allem anderen.

Shambhala: Wann wird Band 3 erscheinen?

Ken Wilber: Ich schätze in etwa einem Jahr [das wäre Frühjahr 2003]

Shambhala: Und eine kurze Vorschau von Band 3 wird auf dieser Webseite als Ausführung I und Ausführung J veröffentlicht?

Ken Wilber: Ja, das stimmt. Es bleibt merkwürdig, Band 3 vor Band 2 herauszubringen. Hoppla, ich habe eine Idee. Ich könnte in Band 2 die „Leere" behandeln, und ein Buch mit 800 unbeschriebenen Seiten herausbringen. Auf diese Weise könnte ich Band 2 sofort herausbringen, und dann Band 3. Band 2 wäre sehr Zen: sie wissen schon, das Buch welches kein Buch ist.

Shambhala: [Lacht] Netter Versuch. Sprechen wir über die Ausführungen zu Boomeritis. Wie begannen sie damit, und warum? Haben diese wirklich viel mit Boomeritis zu tun?

Ken Wilber: Nein, nicht wirklich. Es ist einigermaßen kompliziert. Ich begann, Boomeritis als eine akademische Abhandlung zu schreiben. Am Ende kam ich auf etwa 350 Seiten Kritik am Postmodernismus, oder, besser gesagt, am extremen Postmodernismus. Aber kaum hatte ich das Buch abgeschlossen, erkannte ich dass ich es nicht veröffentlichen wollte. Das war ein bis zwei Wochen vor dem Abgabetermin, und ich entschloss mich es nicht zu veröffentlichen.

Shambhala: Warum?

Ken Wilber: Nun, es war im Grunde einfach nur ein kritisches Buch, ein negatives Buch, und diese Art von Dingen interessiert mich nicht besonders. Trotz dem was viele Kritiker über mich denken, geht es mir nicht besonders gut dabei die Ansichten anderer zu kritisieren, und ich habe das in der Vergangenheit lediglich dann getan, wenn diese Ansichten vorgaben umfassend oder integral zu sein, doch in Wirklichkeit viele wichtige Dinge auszulassen schienen. Ich habe niemals die wichtigen Wahrheiten der Ökologie kritisiert, sondern lediglich die Versuche, alle Innerlichkeiten auf das äußerliche Netz des Lebens zu reduzieren. Ich habe niemals die wichtigen Wahrheiten des Pluralismus kritisiert, sondern lediglich die universale Meta-Theorie des Pluralismus, welche behauptet, dass es keine universellen Wahrheiten gibt, und so weiter. Beginnend mit EKL [Eros, Kosmos, Logos], aber nicht vorher, feuerte ich eine Serie polemischer Anmerkungen ab, und wandte dabei den verurteilenden Ton dieser Kritiker auf sie selbst an, worauf ich mich natürlich auf Dauer bei diesen Kritikern „beliebt" machte.

Doch ich habe nie ein komplettes kritisches Buch geschrieben. Und so begann ich das Buch durchzugehen, und erkannte bei Kapitel 3, okay, ich kann das einfach nicht machen. Das ist nicht mein Ding.

Shambhala: Gerieten sie dabei nicht in Panik, so wenige Wochen vor dem Abgabetermin?

Ken Wilber: Definitiv. Ich fragte mich außerdem, was ich mit dem Material anfangen sollte. Also - das muss so etwas im Januar gewesen sein - setzte ich mich hin, etwa 10 leicht verrückte Tage lang, nahm das akademische Manuskript, und verwandelte es in einen Roman. [Lacht] Dies ist vielleicht nicht die beste Idee die ich je hatte. Ziemlich dumm, nicht wahr? Du möchtest einen wirklich interessanten Roman schreiben, und dann kippst du 300 Seiten von unglaublich langweiligem akademischen Abfall hinein. Das wird bestimmt ein Hit.

Shambhala: Aber das Buch ist ein Aufstand, eines der unterhaltsamsten und irrsinnig komischsten Bücher auf dem Markt. Kritiker sagen Dinge wie „Zack! Peng! Aufregend!" Hier ist das was George Leonard sagt: „Wow! Whoooeeee!! Verdammt heiß! Da gibt es so viel in [dem Buch] Boomeritis was ich bewundere - Wilbers furchterregende Belesenheit (sogar was die populäre Kultur betrifft), die Größe des Spektrums und des Geistes [spirit], sein Mut. Es ist herausfordernd, unerhört, anschaulich lebendig, lustig, bewegend - und wie alle großartigen Bücher wird es viel Lob und einige saftige Attacken hervorbringen."

Ken Wilber: [Lacht] Hat ihnen der Herausgeber nahegelegt diese Werbeeinblendungen hier zu bringen?

Shambhala: Das habe ich mir selbst ausgedacht. Aber im Ernst, der Kommentar den ich ganz überwiegend höre ist der, dass es das lustigste Buch ist was jemand seit langer Zeit gelesen hat. Und der einzige Grund warum ich das anführe ist der, dass es, vor dem Hintergrund dessen was sie gerade sagten - der Belastung des Romans seit seinem Entstehen mit hunderten Seiten von langweiligem akademischen Zeug [stuff] - sehr schwer ist zu verstehen, wie ein derartiger „Wow! Whoooeeee!" Roman daraus wurde.

Ken Wilber: Ah, verstehe. Nun, was ich versucht habe... mal überlegen, die Idee dahinter war die, dass nicht mehr als zwei Kapitel akademischen Materials hintereinander folgen sollten, dann müsste eine Art Unterbrechung kommen. Und so schuf ich eine erzählende Struktur um diese Forderung herum. Da sie das Buch kennen wissen sie, dass das Ergebnis eine Art MTV Abfolge von Momenten ist, mit Fantasie-Abschnitten, und...

Shambhala: Viele davon fast pornografisch

Ken Wilber: Ja, und das ist eine eigene Geschichte. Es gibt verschiedene ehrzählerische Linien, und die Fantasie-Abschnitte, und MTV ausschneiden/einfügen Momente, und - in all dem verstreut - das akademische Material, aber in reduzierter und vereinfachter Version. Vieles vom akademischen Material wurde in Anmerkungen und Ausführungen ausgelagert.

Shambhala: Anmerkungen für einen Roman.

Ken Wilber: Eine weitere großartige Idee, huh? Alles was jetzt noch zu tun bleibt ist das Schreiben größerer Abschnitte in der kroatischen Sprache, und es wird ein todsicherer Verkaufsschlager.

Shambhala: Und diese 10-tägige Periode...

Ken Wilber: Da habe ich einen rohen Entwurf herausgemeißelt, der all das Material zusammenwebt, einfach um zu sehen ob es überhaupt funktioniert. Es schien so zu sein, und ich begann mit einer Reihe von Neuschreibungen und Zusätzen, Anmerkungen, Ausführungen, usw. All das brauchte ungefähr 5 oder 6 Monate. Doch nichts von dem anderen Zeug erscheint in dem Roman. Im Roman selbst gibt es keine Anmerkungen, Ausführungen, nichts dergleichen. Diese sind lediglich auf der Shambhala.com Webseite veröffentlicht.

Shambhala: Gehen wir nun zu einigen „blutigen" Details. Die Hauptfigur ist nach ihnen benannt. Für Kritiker wird dies ein Fest sein, was ihren Narzissmus angeht.

Ken Wilber: Milde ausgedrückt. Ich sage ihnen wie ich darauf gekommen bin. Die Ausgangsidee war die einer akademischen Kritik des Postmodernismus - das heißt des extremen Postmodernismus, was ich meine wenn ich von Postmodernismus spreche - und der Versuch daraus einen Roman zu machen, eine dieser wirklich großartigen Ideen, wie der, Eiskrem mit Spargelgeschmack herzustellen. Und so kam mir der Gedanke, ein irgendwie in sich gewundener Gedanke, dass, damit dieser dumme Postmodernismus bloßgelegt wird, der Roman selbst all das was kritisiert wird veranschaulichen müsste.

Shambhala: Und warum?

Ken Wilber: Weil Postmodernismus im wesentlichen eine kritische Haltung ist - man dekonstruiert was andere gesagt haben. Und daher müsste jeder wahre postmoderne Roman sich selbst dekonstruieren, selbstkritisch sein, und das bedeutet dass der Roman selbst all das sein muss was er kritisiert. [Lacht] Sehen sie, eine weiterer verkaufsfördernder Aspekt dieses Buches.

Shambhala: Aber wie konnte es so verdammt lustig werden, weil Postmodernismus ja überhaupt keinen Sinn für Humor hat.

Ken Wilber: Nun, wenn man einmal damit beginnt aus sich selbst einen Spaß zu machen, dann wirkt das ansteckend, oder? Der Postmodernismus begreift seinen eigenen Witz nicht.

Shambhala: Okay, also der Roman ist all das was er kritisiert.

Ken Wilber: Ja. Und da eines der Dinge die er hauptsächlich kritisiert eine Art von zügellosem Narzissmus ist - „Boomeritis" steht ja für eine Art von Narzissmus - muss er beispielhaft darlegen was er kritisiert, und daher...

Shambhala: Und daher benennen wir die Hauptfigur des Romans nach dem Autor des Buches, und veranschaulichen das was kritisiert wird.

Ken Wilber: Genau. Wie auch immer, diese Hauptfigur...

Shambhala: Schnellschuss-Kritiker werden sagen dass dies ihr eigener Narzissmus ist.

Ken Wilber: Ja, natürlich, doch wenn das Buch voll von einem derartigen Narzissmus wäre, denken sie nicht dass meine Lektoren, Freunde und Kollegen in der Lage wären das zu erkennen, und dabei mithelfen würden das auszumerzen? Glauben sie wirklich, dass eine solch eklatante Form von Narzissmus - die Benennung der Hauptfigur nach sich selbst - unbemerkt und unhinterfragt einfach durchgeht? Nein, der vorhandene Narzissmus ist bewusst und absichtlich übertrieben, sogar wild übertrieben, er ist Teil des inneren Humors. Doch der eigentliche Punkt dabei ist, dass wir Boomer alle bis zu einem gewissen Grad narzisstisch sind, das gehört einfach dazu; das ist Teil dessen worum es in dem Buch geht. Wir können uns unseren Narzissmus eingestehen und uns mit ihm arrangieren, oder wir können ihn verneinen und ihn nur in anderen sehen.

Shambhala: Sie werden sehen, das wird einer der häufigsten Kritikpunkte. Die Kritiker werden ihnen die Feinheiten von denen sie sprechen nicht abnehmen. Die häufigste Kritik wird die sein, dass der Autor narzisstisch ist.

Ken Wilber: Nun, der Autor ist narzisstisch, das ist ja gerade der Punkt. Wir alle - einschließlich der Kritiker - sind es. Was tun wir mit dem was für uns wichtig ist, wie gehen wir damit um, wie bezeugen wir es und gehen damit voran, und darüber hinaus? Der Roman ist um die Offenlegung von Narzissmus in seinen vielen Formen herum aufgebaut, und hilft denen die darüber hinausgehen möchten. Und natürlich befinden wir uns alle gemeinsam in diesem narzisstischen Spiel.

Shambhala: Sie geben in dem Buch ein Beispiel nach dem anderen. Das „neue Paradigma" zum Beispiel.

Ken Wilber: Ja, jeder Boomer hat scheinbar das neue Paradigma. Doch schauen wir einmal genauer hin: Ich habe das revolutionärste neue Paradigma in der Geschichte der Welt, welches zu einer sozialen Transformation unvorhersehbaren Ausmaßes führen wird... Teile dieser Absichten sind so gut, so nobel, und so bewundernswert, doch sie werden übertrieben, aufgebläht und ausgedehnt, durch einen zügellosen Narzissmus, der so gut wie keine Grenzen kennt. Das Buch versucht uns dabei zu helfen, das Gute einiger dieser Ideen anzuerkennen, entfernt den Narzissmus von ihnen, und bringt sie zurück zu einer gesunden Grundlage und einer realistischen Bescheidenheit. Und das tut es durch eine Übertreibung des Narzissmus, was es schwer macht ihn zu verfehlen.

Noch einmal, ich sage nicht dass ich frei von einem derartigen Narzissmus bin, weil ich ehrlich glaube dass wir ihn alle bis zu einem gewissen Grad haben; das Buch ist einfach eine Einladung sich diesen Schlamassel anzuschauen, und zu sehen was damit getan werden kann.

Shambhala: Eine weiterer Hauptkritikpunkt wird sein, dass das Vorbild für Derek Van Cleef sie selbst sind.

Ken Wilber: Ja, ich denke da haben sie recht.

Shambhala: Sagen sie der Leserschaft wer Van Cleef ist.

Ken Wilber: Er ist einer der Darsteller der versucht, einen integralen Ansatz zu verschiedenen Themen zu entwickeln. Derek ist unglaublich intelligent, doch er ist ebenso sehr aggressiv, zornig, nervös, unberechenbar. Seine Kritiker bezeichnen ihn als Faschisten.

Shambhala: Basiert er auf einer realen Person?

Ken Wilber: Ja, einem außergewöhnlich intelligenten Menschen den ich kannte, der sich selbst leider umbrachte. Ich liebte ihn, diesen Gentleman, doch er war für mich immer eine Mahnung was geschieht, wenn man lediglich versucht sich seinen Weg in diese spirituellen Themen zu denken, ohne sich tatsächlich in einer spirituellen Praxis zu engagieren. Der Intellekt ist ein fantastischer Diener, und ein schrecklicher Meister. In gewisser Hinsicht schien es mir, dass er sich mit diesen Ideen zur Verzweifelung getrieben hat.

Shambhala: Okay, sie begannen damit, etwas über die Hauptcharaktere zu sagen.

Ken Wilber: Es schien mir am besten, das Thema Boomeritis vom Gesichtspunkt eines heutigen Universitätsstudenten aus zu behandeln, dessen Eltern ziemlich darunter litten.

Shambhala: Ken ist also 22 Jahre alt, seine Eltern sind Boomers [„Baby-Boomers", die Nachkriegsgeneration] in den Fünfzigern.

Ken Wilber: Ja. Er erhält seine Abschluss in Künstlicher Intelligenz vom MIT, und versucht herauszufinden was geschieht, wenn KI den ersten selbst-bewussten Computer erschafft. Um eine Idee davon zu bekommen was geschehen wird wenn Silikon bewusst wird, entschließt er sich, sich mit der Forschung darüber zu beschäftigen, wie die Welt des Kohlenstoff bewusst wird - und speziell wie Bewusstsein evolviert und sich in menschlichen Wesen entwickelt.

Shambhala: Und so landet er beim Integralen Zentrum.

Ken Wilber: Ja, das stimmt. Das Integrale Zentrum basiert lose auf dem Integralen Institut - und wieder, es muss eine Art narzisstischer Komponente darin geben, damit es ein guter postmoderner Roman wird, weil jeder Postmodernismus sich auf sich selbst bezieht. Wie auch immer, am Integralen Zentrum lernt er etwas über die Spirale der Entwicklung - basierend auf einem einfachen Wilber-2 Leitermodell, das ist das was der Roman an Gewicht tragen kann.

Shambhala: Die Ausführungen gehen mehr in die Tiefe.

Ken Wilber: Ja, die Ausführungen führen ein integraleres AQAL Modell ein. Der Roman selbst bringt ein einfaches leiterähnliches Modell, was ausreicht um das Hauptanliegen rüberzubringen.

Shambhala: Kritiker werden sagen, dass dieses Leitermodell ihre tatsächliche Ansicht darstellt.

Ken Wilber: Aber sie sagen das seit 15 Jahren.

Shambhala: Er ist also am Integralen Zentrum...

Ken Wilber: Und er wird besessen von folgendem Gedanken: da die Entwicklungsspirale auf einen ultimativen Omegapunkt hinzulaufen scheint, eine Art vollständig ausgedehntes kosmisches Bewusstsein...

Shambhala: Aber auch das ist nicht ihre Auffassung.

Ken Wilber: Nein, nicht in dieser rohen Form. Nach meiner Auffassung ist der tatsächliche „Omega"punkt, bzw. der ultimative nichtduale Grund immer-anwesend, es ist nicht die Ziellinie irgendeiner Art von Entwicklung oder Evolution, wenn gleich dieser Grund mit zunehmender Entwicklung einfacher entdeckt werden kann, und in diesem Sinne ist Entwicklung wichtig. Doch das ultimative Omega ist nicht die höchste Sprosse in irgendeiner Art von Leiter, sondern der immer-anwesende Grund aller Sprossen, oder das Holz aus dem die gesamte Leiter gemacht ist.

Shambhala: Es tut mir leid immer wieder die Kritiker zu erwähnen, aber die werden sagen dass sie tatsächlich glauben dass GEIST die höchste Ebene oder so etwas ist.

Ken Wilber: Ja, ich weiß, aber das ist das was Kritiker tun. Die ganze Pointe des Buches hat etwas mit der brillanten Klarheit des immer-gegenwärtigen Bewusstseins zu tun, und der Tatsache dass es durch keine wie auch immer geartete Entwicklung in der Welt der Zeit erreicht werden kann.

Shambhala: Okay, er ist also besessen von dem Gedanken...

Ken Wilber: Da er glaubt, dass die Entwicklung in der Welt des Kohlenstoffs auf einen großen Omegapunkt zuläuft, wird, wenn Silicon anfängt bewusst zu werden, es ebenfalls beginnen sich auf diesen Omegapunkt hin zu entwickeln. Und so wird er besessen von dem Gedanken: Wer wird Gott zuerst auf breiter Front entdecken: Kohlenstoff oder Silikon?

Shambhala: Aber es hat auch etwas für sich, dass die Entdeckung der immer-anwesenden Bewusstheit mit zunehmender Entwicklung leichter wird.

Ken Wilber: Das stimmt, und daher ist die Vorstellung einer Art von Omega nicht völlig falsch, sie wird nur nicht all den Feinheiten gerecht - was, ehrlich gesagt, zu einer einfachen Vorstellung führt, die man braucht um ein Komplott zu schmieden [Lachen]. Aus einem „alle Quadranten, alle Ebenen, alle Linien, alle Zustände..." lässt sich nicht allzu viel an Spannung herausholen. Das meiste was sich an Spannung herausholen lässt ist etwas wie „Buh".

Shambhala: In dem Roman ist das enthalten was am Integralen Zentrum stattfindet, und das entspricht dem akademische Material des ersten Buches?

Ken Wilber: Ja. Aber in einer sehr vereinfachten Form, und einem guten Teil von etwa 150 herausgenommenen Seiten in Form von Anmerkungen (die auf dieser Website veröffentlicht werden) und etwa 400 Seiten von Ausführungen und Nachträgen (die auch schon auf dieser Website veröffentlicht wurden, oder demnächst veröffentlicht werden).

Shambhala: Doch wie wir schon sagten, diese Ausführungen haben mit dem Roman selbst nicht allzu viel zu tun.

Ken Wilber: Nein, nicht wirklich. Es ist einfach so, dass die akademische Forschung für die erste Version des Buches, die akademische Version - welche ebenso Teil der Forschung für Band 3 der Kosmos Trilogie war, dem Band über Post-Postmodernismus - dass dieses alles zusammen geschah. Und so hatte ich diese sehr kompakte AQAL Kritik des Postmodernismus. Als ich dann die Romanversion erstellte, konnte ich nur ein sehr vereinfachtes Phase-2 Modell verwenden, und das war ein Problem, weil ich wirklich auch einige Phase-4 Aussagen zu den Themen machen musste. So war ich - wie die Dinge lagen - gezwungen, damit zu beginnen, Teile von Band 3 in die Ausführungen zu Boomeritis zu tun, um meine gegenwärtige Position zu erläutern, und es nicht bei dem Wilber-2 Zeug im Roman zu belassen.

Shambhala: Uns so kam es dass sie unbeabsichtigt jetzt schon den Band 3 schrieben.

Ken Wilber: Ja, in etwa.

Shambhala: Einige Leute versuchen, den Roman anhand der Ausführungen zu kritisieren.

Ken Wilber: Die Ausführungen geben keine Vorstellung davon wir der Roman ist. Der Roman und die Ausführungen stehen weder erzählerisch noch literarisch miteinander in Beziehung. Es war vielleicht keine so tolle Idee, die fiktiven Charaktere in den Anmerkungen und Ausführungen beizubehalten. Wissen sie, man beginnt einen bestimmten Weg zu gehen, der zu einer bestimmten Zeit Sinn zu machen scheint. Doch die wirkliche Kritik an Boomeritis [AdÜ: jetzt ist der Zeitgeist, und nicht der Roman gemeint] kann nur aus der post-metaphysischen AQAL Matrix entwickelt werden, wie sie in Band 3 dargelegt ist, und als ich mich auf den Weg machte Boomeritis zu kritisieren, floss vieles von Band 3 unvermeidlich in Anmerkungen und Ausführungen des Romans hinein. Eine weitere fantastische verkaufsfördernde Idee!

Shambhala: Dann ist also alles von diesem komplexen Zeug in den Ausführungen, und im neuen Buch Kosmic Karma, und das vereinfachte akademische Material landete im Roman in den Abschnitten über das Integrale Zentrum. Und all das wird zusammen als Band 3 veröffentlicht.

Ken Wilber: Ja. Und was den Roman betrifft, sponsert darin die Havard Studentenvereinigung eine Vorlesungsreihe mit dem Titel „Unerträgliche Zukunftsaussichten", und eine davon, „Boomeritis", wird von Integralen Zentrum gehalten. Und da stolpert Ken hinein.

Shambhala: Am Integralen Zentrum entfalten sich eine ganze Reihe von Charakteren, einige von ihnen real, einige fiktiv.

Ken Wilber: Ja. Weil einer der Hauptglaubenssätze des Postmodernismus der ist, dass kein wirklicher Unterschied zwischen Tatsache und Fiktion besteht, oder zwischen Wissenschaft und Mythologie, muss ein wahrhaft postmoderner Roman die Unterscheidungslinie zwischen realen und fiktiven Charakteren verwischen. Eine Hälfte der Personen sind real, die andere Hälfte erfunden.

Shambhala: Wieder muss das Buch veranschaulichen was es kritisiert.

Ken Wilber: Richtig. Es gibt überall postmoderne Doppeldeutigkeiten.

Shambhala: Das war sicher nicht einfach zu schreiben

Ken Wilber: [lacht] Wem sagen sie das.

Shambhala: Einer der hervortretendsten realen Gestalten ist Stuart Davis, der junge Sänger und Texter, mit den CD Veröffentlichungen Kid Mystic und Bright Apocalypse. Stuart ist etwa 30 Jahre alt, und einer ihrer besten Freunde. Wie trafen sie ihn?

Ken Wilber: Stuart schickte mir Kid Mystik, eine seiner wirklich großartigen CDs, und wir vereinbarten ein Treffen. Tatsächlich, wenn es sie interessiert, wurden diese ersten Begegnungen in Einfach Das aufgezeichnet.

Shambhala: Ich weiß nicht wie viel sie davon erzählen möchten, also antworten sie bitte nicht wenn sie nicht möchten. Aber es gab eine Reihe von Ereignissen in Stuart's Leben – in seinem wirklichen Leben – die während des Schreibens des Romans geschahen, und diese Ereignisse liefen, durch einen erstaunlichen Zufall, fast exakt parallel zu dem was sie im Roman zu gleichen Zeit beschrieben. Wollen sie dazu etwas sagen?

Ken Wilber: Okay, ein wenig, klar. Ich schrieb... mal sehen, wie kann ich damit anfangen? Ich muss etwas ausholen. Sie erwähnten diese Fantasieabschnitte im Roman?

Shambhala: Die widerlichen, pornografischen, obszönen, auf dem Index stehenden Fantasien - meinen sie diese?

Ken Wilber: [lacht] Okay, so explizit sind sie nun auch wieder nicht! Egal, ja, etwa alle 10 Minuten der Lesezeit des Roman kommen diese kurzen Fantasieabschnitte, welche in der Tat „indiziert" sind. Der Leser fragt sich was sie bedeuten, warum sie dort stehen, bis etwa bei Kapitel 3 jemand darauf hinweist, dass, so sagt die Forschung – und das ist richtig – der durchschnittliche Mann zwischen zwanzig und dreißig Jahren etwa alle 10 Minuten eine „indizierte" sexuelle Fantasie hat.

Shambhala: Ich muss ihnen gestehen, wenn einem das klar wird ist das irrsinnig komisch.

Ken Wilber: Ja, es sind die „indizierten" Fantasien eines 22 jährigen Mannes, der die Erzählung aufschreibt, und daher tauchen diese Dinge alle 10 Minuten in der Erzählung selbst auf. Da es ein selbst-bezüglicher postmoderner Roman ist, müssen sie aufgenommen werden. Was also geschieht ist, dass diese – im Roman fettgedruckten – Fantasieabschnitte eine Geschichte zu erzählen beginnen. Und eine konkrete Geschichte beginnt sich innerhalb der größeren Geschichte des Romans selbst zu entfalten.

Shambhala: Noch mehr postmoderne Doppeldeutigkeiten und Selbstbezüge?

Ken Wilber: Ja, überall Mehrfacherzählungen, unendliche Kontexte in Kontexten. Und so ist die Geschichte, die sich in diesen Fantasieabschnitten entfaltet... nun, sagen wir einfach dass zu beginn die Geschichte rein „indiziert" ist, die typischen Fantasien eines männlichen Erwachsenen von intensivem, mechanischem, anonymen, häufigem und geistlosem Sex. Doch dann, im Verlauf des Romans, bekommen diese erotischen Begegnungen mehr und mehr eine tantrische Natur – sie entwickeln sich von reinem körperlichen Sex zu einer erotischen Umarmung des gesamten Kosmos, einem reinen kosmisches Bewusstsein. Die zentrale Botschaft des Romans liegt wahrscheinlich in diesen Fantasieabschnitten.

Shambhala: Ist das auch Absicht?

Ken Wilber: Ja, da es keinen Unterschied zwischen Tatsachen und Fantasien gibt, ist die eigentliche Botschaft in den Fantasien.

Shambhala: Also Stuart...

Ken Wilber: Während ich diese Abschnitte schrieb, befand sich Stuart in einer romantischen Beziehung wo ganz genau – und ich meine ganz genau - das gleiche passierte. Er begegnete einer erstaunlichen Frau, zuerst aus rein sexuellen Motiven – sie war unglaublich schön – und dann explodierte die Beziehung auf eine tantrische Weise, und Stuart wurde eine Woche lang in ein vollständiges kosmisches Bewusstsein geschleudert.

Als ich das hörte konnte ich es nicht glauben. Ich bat Stuart, die ganze Geschichte aufzuschreiben – etwa 20 Seiten – und fügte dann seinen Bericht wortwörtlich in den Roman. Praktisch jede Zeile die Stuart im Roman sagt ist von ihm selbst geschrieben.

Shambhala: Ein weiteres Beispiel für die Auswechselbarkeit von Tatsachen und Fiktionen.

Ken Wilber: Richtig, aber noch mehr. Wie sich herausstellte, gibt es im Roman, der ja eine Fiktion ist, einen Tatsachenbericht eines Lebensabschnittes von Stuart, welcher sich parallel zu den Fantasieabschnitten in dem fiktiven Roman ereignete. Das ist wie Über-Postmodernismus.

Hier kommt meine Lieblingsstelle dieser Postmodernen Selbstbezüge, eine art versteckter Witz, von Stuart und mir. Auf dem Schutzumschlag des Romans gibt es eine Werbeaussage vom wirklichen Stuart. Darin steht, neben anderen Dingen, „Vor allem sind die Personen in diesem Roman so verdammt liebenswert!" Stuart erteilt sich hier mit anderen Worten selbst ein Kompliment – und veranschaulicht so den Narzissmus und die Boomeritis, welche der Roman kritisiert (und beinhaltet).

Shambhala: Kein einziger Kritiker könnte das erkennen.

Ken Wilber: Nun, es ist ein versteckter Witz, aber ich denke dass die meisten der anderen verborgenen Witze ziemlich offensichtlich sind, ich hoffe es jedenfalls.

Shambhala: Okay, zusätzlich zu den wirklichen Charakteren gibt es fiktive Personen. Aber einige von ihnen basieren auf konkreten Personen, oder? Wie Van Cleef.

Ken Wilber: Ja, auf gewisse Weise.

Shambhala: Eine der Lieblingscharaktere – bestimmt was die Männer angeht – ist Chloe. Chloe ist die Hauptehrzählerin, aber sie steht auch im Zentrum der „indizierten" Fantasieabschnitte. Das offensichtliche Vorbild für Chloe scheint ihre Frau Marci zu sein.

Ken Wilber: In vielerlei Hinsicht ja. Wir alle beziehen uns auf Marci als „Quelle von Shakti". Sie ist einer der mitreißendsten, fröhlichsten, sinnlichsten, und lebendigsten Menschen dem ich je begegnet bin. Man kannst nicht in Marcis Nähe sein ohne zu lächeln. Das ist physisch unmöglich. Ich habe viele engagierte Anläufe von Steifheit und Brummigkeit beobachtet, in dem Versuch Abstand von ihr zu halten, und sie versagten alle. Sie schmelzen ein wenig, und ein kleines Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht. Sie ist total infektiös. Bei Marci steckt man sich stark mit dem Leben an.

Shambhala: Im Buch sagt der junge Ken über Chloe: „wie viele wundervolle lebendige Dummheiten hätte ich ohne sie nie ausprobiert?"

Ken Wilber: Ja, definitiv. Und so basiert eine Menge von Chloe auf Marci. Ich denke, Chloe im Buch hat den gleichen Effekt. Wenn Chloe auftritt sind die Leute aufmerksamer, weil pure Lebendigkeit und eine frische Brise dich anspringt. Aber Chloe ist auch eine wirkliche Klugscheißerin; sie ist zynisch, ein bisschen verlebt, spielt manchmal den starken Typen; sie ist intellektuell auch ein bisschen langsam. Marci hat nichts von alledem.

Shambhala: Nach fünf Jahren des Zusammenseins, beinahe sechs Jahre, trennen Marci und sie sich. Sie haben nie einen Hehl aus der Tatsache gemacht, dass der Grund dafür das Thema Kinder ist.

Ken Wilber: Ja, und das ist wirklich traurig. Es ist etwas was Marci und ich mindestens jede Woche seit unserem Zusammensein diskutierten. Nach den ersten Monaten in denen wir uns verabredeten sagte ich, „Dies wird eine tragische Beziehung. Wir werden fünf Jahre zusammen sein, und werden uns dann trennen müssen damit du Kinder haben kannst." Der Punkt ist der, das jetzt - in meinen Alter mit 53 Jahren – ich einfach keinen Kinder haben möchte. Ich denke dass, als Treya schwanger wurde, und wir wegen ihrer Krebserkrankung abtreiben mussten, dies meine letzte Gelegenheit in diesem Leben war um Vater zu werden, und dass es, warum auch immer, einfach nicht sein soll. Aber Marci geht allmählich auf die vierzig zu, und sie wird eine wunderbare Mutter sein. Und wir beide wissen dass sie nicht glücklich sein wird - tatsächlich wird keiner von uns beiden glücklich sein – bevor sie Kinder hat. Das war von Anfang an offensichtlich, und all unsere Freunde wussten dass seit Beginn. Leider erwies sich diese Aussage als prophetisch, bis hin zu der Anzahl von Jahren.

Shambhala: Sie haben aber dennoch letztes Jahr geheiratet.

Ken Wilber: Ja, wir sind seit letztem Jahr rechtlich verheiratet. Wir leben seit fünf Jahren wie Mann und Frau zusammen – in meinem Empfinden sind wir seit fünf Jahren verheiratet, und es spielt dabei wirklich keine Rolle ob die juristische Zeremonie am Anfang, in der Mitte, oder am Ende dieses Zeitabschnittes stattfand. Ich wollte diese Zeremonie, um die Zeit, die wir zusammen hatten zu feiern, als eine Art Ausrufezeichen für all das. Marci wollte mich von Anbeginn an heiraten, und das hätte ich tun sollen.

Shambhala: Haben Überbleibsel aus der Zeit mit Treya die Situation verkompliziert?

Ken Wilber: Sicher, natürlich. Aber, um die Wahrheit zu sagen, was das betrifft war ich einfach nur ein männlicher Trottel.

Shambhala: Und doch heiraten sie beide, obgleich sie allmählich ihre eigenen Wege gehen?

Ken Wilber: Ja, nicht nur weil Marci das wollte, sondern weil ich wirklich stolz bin auf Marci, und auf das was wir in den fünf Jahren zusammen getan haben. Sie sagte klar und deutlich dass sie Frau Marci Wilber sein wollte, und ich wollte das auch. Diese fünf Jahre waren mit Abstand die fünf produktivsten Jahre meines ganzen Lebens. Ich schrieb fünf Bücher, gab die Gesammelten Werke heraus, gründete das Integrale Institut, und half bei der Gründung des EcoISP mit. All dies geschah zu großen Teilen durch den wundervollen, vitalen, liebenden Raum, den Frau Marci Wilber für uns schuf, diese Quelle der Shakti. Ich bin so stolz dass sie meine Frau war.

Shambhala: Und jetzt sind sie dabei sich zu trennen?

Ken Wilber: Ja, wir haben ein wunderschönes Haus für Marci gefunden, und sie ist dabei dorthin umzuziehen. Aus dem Boulder Haus machen wie ein Büro des Integralen Institutes mit Aufnahmestudios, wo wir eine Reihe von integralen Seminaren auf Video aufnehmen werden, beginnend mit einem Seminar von Mike Murphy, George Leonard und mir über „Integral Transformative Praxis", mit Dutzenden von weiteren zukünftigen Seminaren, über Themen wie integrale Psychologie, integrales Business, integrale Ökologie, integrale Kunst, integrale Spiritualität, integrale Bildung und Erziehung und so weiter.

Shambhala: Lieben sie Marci immer noch?

Ken Wilber: Ja.

Shambhala: Liebt sie sie auch noch?

Ken Wilber: Ja.

Shambhala: Das ist wirklich traurig.

Ken Wilber: Es ist fürchterlich. Es ist einfach fürchterlich. Und auch sehr schmerzhaft für uns beide. Doch welche andere Wahl hätten wir gehabt? Wir wussten von Anfang an, dass dies ein Knackpunkt war. Und all unsere Freunde wussten es. Wir hätten es sein lassen können, oder wir hätten fünf gemeinsame Jahre haben können, an deren Ende Traurigkeit steht. Gott sei Dank entschieden wir uns für Letzteres. Ich bin so unglaublich dankbar für diese fünf Jahre, und für das pure Leben welches Marci uns beiden brachte.

Shambhala: Ich denke, dass deshalb all ihre Freunde so froh waren sie zusammen zu sehen.

Ken Wilber: Ich denke auch. Unsere gemeinsame Zeit nähert sich ihrem Ende, aber nicht unsere Liebe. Und Marci wird die beste Mutter der Welt sein.

Shambhala: Sie würden es nicht glauben, was einige Menschen zu ihrer Trennung sagen.

Ken Wilber: Oh doch, sicher. Wenn Menschen nicht wissen was tatsächlich geschehen ist, dann bleibt ihnen nichts anderes übrig, als ihre eigenen Schatten in die Situation hineinzuprojizieren, und diese Schatten dann zu beschreiben, und Schatten sind definitionsgemäß ziemlich seltsam. [Lacht]. Ich sage nicht das ich nicht auch seltsam bin, sondern nur dass wenn Menschen ihre eigenen Merkwürdigkeiten in eine Situation hineinprojizieren, man zwei Merkwürdigkeiten zum Preis von einer erhält.

Shambhala: Okay, zurück zum Roman. Chloe ist teilweise auch Marci. Wir erwähnten bereits Derek Van Cleef. Wie ist es mit Mark Jefferson? Er ist Afroamerikaner, um die fünfzig, sehr athletisch, ein IQ-Genie.

Ken Wilber: Mark Jefferson basiert ungefähr auf einem guten Freund von mir, einem jungen Schwarzen mit dem Namen Mark Palmer – er weiß das noch nicht, und das wird ihn umhauen. Mark ist ein Mitglied des Integralen Institutes, und er ist eines der erstaunlichsten „kids" die ich kenne, und eines der integralsten. Voller Seele, ist er uns mageren weißen Burschen voraus, und er verbindet diesen Vorsprung mit einer gewaltigen Intelligenz und einer tiefen spirituellen Verwirklichung, die für sein Alter selten ist. Er ist wie ein jüngerer Bruder, und ich weiß das ist gegenseitig. Aber wie auch immer, Mark Jefferson ist so wie ich mir Mark Palmer in zwanzig Jahren vorstelle.

Shambhala: Joan Hazelton, über fünfzig. Joan und Lesa sind so etwa die Stimmen der Weisheit in dem Buch. Joan ist diejenige Stimme, welche die Menschen am meisten vermissen wenn sie das Buch gelesen haben.

Ken Wilber: Tatsächlich? Woher haben sie das?

Shambhala: Verschiedene Leute.

Ken Wilber: Wirklich? Joan ist die Stimme mit der ich innerlich zu mir spreche. Das ist sehr schwer zu erklären, es ist eine Art Mischung aus Treya und mir. Es ist die innere Stimme, die ich höre wenn ich zu mir selbst spreche. Das wird nicht so richtig klar.

Shambhala: Doch, es wird. Ist die Stimme speziell männlich oder weiblich?

Ken Wilber: Sie ist vermutlich androgyn. Es ist hauptsächlich der Klang. Joan's Klang ist mein innerer Klang. Der innere Klang, nicht des Ich-Ich, sondern des Ich zum mir. Nun, das macht es noch verwirrender.

Shambhala: Und diese Stimme ist auf eine Weise mit Treya verbunden...

Ken Wilber: Der Herzensraum den wir füreinander öffneten, welches der Raum ist von dem ich überwiegend die Welt aus betrachte, und das ist „Joan's" Stimme. Wenn ich diese innere Stimme aufschreibe klingt sie wie Joan, doch weder männlich noch weiblich. Ich bin mit dieser Stimme nicht identifiziert – es ist nicht Ich-Ich – es ist die Stimme in dieser gewöhnlichen Welt, es ist irgendwie Treya in mir. Ich weiß nicht wie ich das erklären soll."

Shambhala: Das kann man gut verstehen. Und so...

Ken Wilber: Übrigens ist das Joan im Roman, und nicht Joan in den Ausführungen. In den Ausführungen sind alle Stimmen auf eindimensionales Gerede reduziert. Selbst in dem Roman sind alle Stimmen irgendwie dünn und zweidimensional – das postmoderne Flachland eben, doch Joan's Stimme kommt dem was ich gerade sagte am nächsten.

Shambhala: Im Roman erzählt also jemand dem 22-jährigen Ken, dass er eines Tages eine wirkliche Joan treffen wird. Mit anderen Worten, eine wirkliche Treya. Und darum ist Joan's Stimme zur Hälfte auch Treya's Stimme...

Ken Wilber: Ja, das stimmt, ein weiterer postmoderner Selbstbezug. Doch die Stimme ist auch real, eine im Herzen erfahrbare Gegenwärtigkeit. Es ist das Haus welches Treya für mich gebaut hat, und ich lebe immer noch darin, bzw. davon.

Shambhala: Lesa Powell.

Ken Wilber: Lesa basiert entfernt auf einer wirklich außerordentlichen Frau mit dem Namen Maureen Silos. Soweit ich weiß ist Maureen jedoch nicht lesbisch, und Maureen hat alle möglichen wunderbaren Eigenschaften, die ich nicht auf Lesa übertragen konnte. Und das bedeutet auch nicht, dass Maureen mit allem einverstanden wäre was Lesa sagt, obgleich ich denke dass das so sein könnte. Maureen ist eine wirklich Kosmopolitin – in Surinam geboren, afro-karibischer Abstammung, ausgebildet in Holland und in westlichen Einrichtungen, praktiziert östliche Meditationen, und ist schlichtweg eine der eindrucksvollsten Menschen die mir je begegnet sind. Maureen ist ein Gründungsmitglied des Integralen Institutes.

Shambhala: Lesa ist ganz offenbar eines ihrer Lieblingscharaktere im Buch.

Ken Wilber: Definitiv. Es gibt übrigens eine Reihe von Einträgen über Maureen in Einfach Das.

Shambhala: Basiert Margaret Carlton auf jemandem?

Ken Wilber: Ja, aber das kann ich nicht sagen

Shambhala: Charles Morin?

Ken Wilber: Ja, aber das kann ich nicht sagen.

Shambhala: Charles ist in ihrem Alter, und weil er mit einer Studentin in Marcis Alter schläft, werden einige Leute sagen dass Charles sie selbst sind.

Ken Wilber: Ganz sicher. Und sie werden sagen dass alle die verdorbenen Charaktere, wie Derek, ein Stück von mir sind, aber keine der guten Charaktere, wie z.B. Joan. Das verstehe ich. Wie auch immer, nein, Charles ist nicht ich; oder, anders gesagt, er hat nicht mehr von mir als irgendeiner der anderen Charaktere.

Shambhala: Carla Fuentes.

Ken Wilber: Eine Mischung. Carla ist zum Teil Spanierin und eingeborene Amerikanerin. Der spanische Teil basiert ein wenig auf einem Professor den ich einst kannte, und der eingeborene Teil auf meiner Freundin Sara Bates, sie gehört zum Wolf Stamm der Cherokee. Es gibt eine Reihe von Einträgen über Sara in Einfach Das. Doch Carlas Sinn für Humor ist meinem sehr nahe.

Shambhala: Carla sagt Dinge wie: „Du liebe Güte, ich mag den Geruch politisch inkorrekten Denkens am Morgen!"

Ken Wilber: Ja, das könnte ich auch sagen.

Shambhala: Okay, kommen wir nun zu den „kids", um die es im Roman überwiegend geht. Der junge Ken ist 22 Jahre alt; seine Freunde sind Chloe, Kim, Jonathan, Carolyn, Scott, Beth, Katish, Vanessa, und noch ein paar andere. Oh, und Stuart natürlich.

Zuerst, dies sind die witzigsten kids die einem begegnen können. Woher haben sie ihre Ausdrucksweise? Ein ganz typisches Gespräch läuft folgendermaßen:

„Jonathan, wenn wir über Boomeritis sprechen, dann sehe ich schon deinen Nachruf: ‚Ein außergewöhnlicher Unfall tötet einen vielversprechenden Autor: er wurde durch ein riesiges Ego zerschmettert.'"

„Oh Carolyn, Carolyn, ich habe ja nie viel von dir verlangt, außer dass du rechtzeitig vor Sonnenaufgang wieder in deinem Sarg verschwindest."

Basieren diese Wortwechsel auf Menschen die sie kennen?

Ken Wilber: Nicht wirklich. Obgleich ein bisschen was von überall dabei ist. Und, natürlich versuche ich im Geist des Postmodernismus Material von verschiedenen Komikern einzuarbeiten, eine typische pomo Kollage. Aber das meiste davon ist erfunden.

Shambhala: An einer Stelle im Roman sagt der junge Ken: „Was so – ich würde sagen ‚liebenswert' war an all diesem verbalen Geplänkel – ob zwischen Jonathan und Chloe, oder Chloe und Carolyn, oder Scott und Carolyn, was immer du willst - war diese Art und Weise wie jeder eine bestimmte Art von Zuneigung zum Ausdruck brachte, ein seltsames Zusammentreffen von Respektlosigkeit, Ironie und Liebe. Manchmal. Doch das machte es beinahe unmöglich zu sagen, wann die Grenze zwischen ehrlicher Zuneigung und totalem Ärger überschritten wurde – wo Respektlosigkeit sich in Zorn entlud – und ich schien ständig derjenige zu sein, der die meisten Schwierigkeiten hatte dies festzustellen, und so mischte ich mich immer ein, meistens zu früh, was zu einer Unterbrechung des Ganzen führte. Dies wurde mir oft in ähnlich netten Begriffen gesagt – z.B., ‚Halt' dich da raus, du idiotische Missgeburt.'"

Ken Wilber: Nun, worum es dabei geht... da muss ich etwas ausholen. Eines der wesentlichen Ergebnisse von Boomeritis...

Shambhala: Wir haben den Lesern noch nicht einmal gesagt was „Boomeritis" ist.

Ken Wilber: Boomeritis ist eine pathologische Version des grünen Mem, speziell grün infiziert mit rot. Mit anderen Worten, die Hauptentwicklungswelle nach der egoisch-rationalen Welle (oder orange) ist die einer postformalen, pluralistischen Bewusstseinswelle (grün). Die vielen positiven Seiten von grün beinhalten Multikulturalismus, Vielfältigkeit, ökologisches Bewusstsein, Bürgerrechte und Menschenrechte. Außergewöhnlich positive Beiträge.

Doch jede Entwicklungswelle hat ihre Schattenseiten. Die positive Seite von grün ist der Versuch, alle Gesichtspunkte gleichberechtigt zu behandeln, und keinen von ihnen zu marginalisieren oder auszuschließen. Die Schattenseite ist ein Flachland-Pluralismus, der anfängt mit der Aussage dass alle Ansichten gleichberechtigt behandelt werden sollen, und der mit der Aussage endet dass alle Ansichten gleich zu behandeln sind. Dieser Flachland Pluralismus löscht jegliche Tiefe des Kosmos aus – nichts ist tiefer, höher, weiter, integraler, mitfühlender, fürsorglicher, liebender. Alles ist einfach nur das Gleiche, in den monochromen Oberflächen der postmodernen Flachlandes. Das soll alle Ansichten von den scheußlichen Beurteilungen befreien, aber es verflacht lediglich alle Ansichten in einen gleichermaßen bedeutungslosen Unsinn. Wenn alle Ansichten gleich sind, dann hat keine davon irgendeinen Vorzug.

In dieser Atmosphäre ist es nicht erlaubt an irgendetwas zu glauben. Die Atmosphäre des Postmodernismus ist daher die einer unendlichen Ironie. Du sagst etwas, meinst etwas anderes, doch du wirst dich unter keinen Umständen bei einer festen Überzeugung erwischen lassen. Diese Haltung kann wundervoll komisch sein – der frühe David Letterman zum Beispiel, war so hinreißend wegen seiner endlosen Ironie. Er spricht zu einem Gast, und du weißt dass er wirklich nichts von dem was er sagt auch so meint – dass ist der Witz. Ähnlich mit Gen-X, [etwa die Generation die zwischen 1960 und 1980 begoren wurde] denken wir an David Spade und Janeane Garafolo: sie sind wirklich brillant, und ich mag sie beide, doch sie dekonstruieren einfach alles was ihnen über den Weg läuft. Doch erwarte NICHT von ihnen irgendetwas von Wert, Meinung, Überzeugung, oder Bedeutung – weil es das im Flachland nicht gibt.

Die Boomers führten also diesen Flachland-Pluralismus ein, doch die jüngere Generation – Gen-X und die Jahrtausender – wuchsen unter diesem Einfluss auf [die „Jahrtausender" sind etwa die zwischen 1980 und 2000 geborenen]. Darum geht es zu einem großen Teil in dem Roman. Gen-X ging damit um, indem sie sich eine Art von Nachlässigkeit und Schlampigkeit zulegten. Wenn es sich am Ende nicht lohnt an irgendetwas zu glauben, warum soll man dann für irgend etwas arbeiten? Geh einfach deinen bequemen Weg durch dieses bedeutungslose Schlamassel. Und die Jahrtausender tendieren dazu sich dem zu beugen – eine Art zerstörtes grün, wenn sie so wollen. Der Kommentar den man am meisten von Hochschulprofessoren hört ist der, dass man diese Jugendlichen nicht zu einer Diskussion über die Vorzüge einer bestimmten Ansicht bewegen kann, weil alle Ansichten ja angeblich das gleiche sind.

Dies ist eine Ironie in sich, weil es ja diese Boomer Professoren waren, die mit diesem Flachland-Einerlei einst begannen. Und sie begannen mit diesem Flachland Pluralismus hauptsächlich deshalb, um linke Themen voranzubringen, und Ansätze zur Beendigung sozialer Unterdrückung zu unterstützen – was großartig ist. Das Problem dabei ist jedoch, dass Pluralismus kein Weg ist um Unterdrückung zu beenden, sondern sie eher noch zementiert, weil die Vorstellung, dass alle Ansichten gleichartig erschaffen wurden, es unmöglich macht, den gegenwärtigen Zustand sozialer Fragen zu kritisieren (wie unfair sie auch immer sein mögen), weil davon ausgegangen wird dass keine Ansicht einer anderen überlegen ist. Anstatt eine Generation von politischen Aktivisten heranzuziehen, was die Hoffnung dieser linken Boomer war, entstand eine Generation von sozial inaktiven Menschen, ohne jeglichen kritischen Sinn wie man wirklich fortschrittliche Themen voranbringen kann – weil dies eine Reihe von ernsthaften und wesentlichen Beurteilungen und Rangfolgen von Ansichten erfordern würde – und genau das verhindert der Flachland Pluralismus.

Und so haben wir eine jüngere Generation von zerstörtem grün. Gen-X trödelte sich irgendwie durch dieses Schlamassel hindurch, und die Jahrtausender kauften sich dort ein: sie möchten das System nicht kritisieren, sie möchten darin erfolgreich sein. Politisches Urteilsvermögen, Wille und Weisheit liegen zerstört am Boden – eine der Haupterbschaften von Boomeritis und Flachland Pluralismus.

Und so bleibt den „kids" nur die Ironie. Alle Ansichten sind gleich, und jedwede Überzeugung muss daher dekonstruiert werden. Überall nur Flachland-Depression für die kids, zerstörtes grün im Vormarsch, Ironie an jeder Ecke.

Shambhala: Noch vor wenigen Jahren wäre ihre Analyse noch mit ziemlicher Skepsis aufgenommen worden. Jetzt finden sich Echos so ziemlich aller wesentlichen Punkte davon selbst in den Artikeln der New York Times. Hier ein paar Auszüge:

„In der Tat, die Zögerlichkeit heutiger Studenten, sich in einer leidenschaftlichen Debatte zu engagieren, kann als ein Nebenprodukt eines philosophischen Relativismus gesehen werden, gefördert durch Theorien, die ihren Aufstieg der akademischen Welt der letzten zwei Jahrzehnte verdanken, und die in breite kulturelle Schichten hineingesickert sind... Weil [pluralistische] Subjektivität Vorstellungen bewahrt, die per Definition partiell und fragmentarisch sind, tendiert sie dazu, die Suche nach größeren und umfassenderen Wahrheiten auszuschließen, und unterminiert so eine starke Kultur von [Bedeutung und Wert].

Anstatt zu einem globalen Dorf hinzuführen, hat sie eine Vielzahl eigenständiger Stämme geschaffen – Nischenkulturen in denen Gleichgesinnte zu Gleichgesinnten sprechen, und Informationen, die ihre Ansichten unterminieren könnten, einfach ausblenden.

Zur gleichen Zeit spiegelt das Syndrom der verringerten Debatten die ironie-getränkte Sensibilität der Jahrtausender-Studenten. Ironie steht am Ende für eine Form von Absonderung; wie auch die reflexartige Akzeptanz der Positionen anderer - es ist eine Abwehrhaltung, welche einem erlaubt sich zu nichts zu verpflichten, und über dem Kampf zu stehen.

Ironie steht auch für das Versagen einer vollen Beteiligung in der Welt, eines Scheiterns, die eigenen Überzeugungen gegen die Logik und Leidenschaft von anderen zu überprüfen. Damit wird die Tür für Möglichkeiten des Wachstums und der Transformation zugeschlagen, und der Prozess der Konsensbildung zurückgewiesen. ‚Das bedeutet nichts Gutes für die demokratische Praxis in diesem Land,' sagte Professor Anderson. ‚Um Demokratie lebendig zu erhalten ist es notwendig, dass die Studenten lernen das Debattieren in ihr Leben zu integrieren, was bereits modellhaft in der Schule beginnt.'" [New York Times, 23. März 2002]

Ken Wilber: Ja, ich denke das Problem wird nun allgemein erkannt, aber es sind keine Lösungen in Sicht. Überall Ironie, nirgendwo Bedeutung. Und Boomeritis als Ganzes ist in gewisser Weise ein Versuch die Frage zu beantworten, „Hinter der Ironie liegt... was?"

Shambhala: In dem Roman ist das verbale Geplänkel der „kids" am Anfang in Ironie getaucht, nicht wahr? Eine totale Dekonstruktion von allem was irgendjemand glaubt.

Ken Wilber: Ja, richtig. Ich wollte dass es lustig wird, weil Ironie unglaublich lustig sein kann. Und dann aber auch sehr hohl wird. Gibt es unter all den Herabwürdigungen irgendeine Tiefe im Kosmos? Gibt es Bewusstsein, Bedeutung, Wert, Fülle, Freiheit? Und so schlingern diese Dialoge dahin, eine gestelzte Reihe von Comic-Pointen mit dem Zweck, jegliche Tiefe oder Leidenschaft zu vermeiden – die jedoch zur gleichen Zeit versucht, zum Beispiel durch Stuart und in den Fantasieabschnitten, zu so etwas wie einer ehrfurchtgebietenden unendlichen Tiefe durchzubrechen

Shambhala: Nun, es beginnt ziemlich lustig. Hier ist ein typischer Abschnitt:

„Lass Carolyn in Ruhe," Chloe grinst böse. "Es ist nicht ihr Fehler, dass ihre Mutter in der Nacht von Carolyns Empfängnis 500 Mikrogramm LSD im Blut hatte."

„Chloe – Liebling, Süße, und dumm wie Stroh, - das ist entsetzlich so etwas zu sagen, eine wirkliche Bösartigkeit. Meine Mutter stand nicht unter LSD als ich empfangen wurde." Carolyn hustete. „Es war PCP".

„Nun, das erklärt alles, nicht wahr Darling?"

„Leute, bitte," flehte ich. Ich hatte mich der Gruppe während der Vorlesungspause zum Mittagessen bei Minerva angeschlossen, und wie üblich hatten sie sich gegenseitig am Kragen gepackt, als ich dazukam.

„Chloe, Liebes," Carolyn sah von ihrem Spinatsalat auf. „Sagtest du nicht dass du diesen Nachmittag zur Bibliothek müsstest?"

„Ja, ich muss zwei Ding erledigen. Ich muss in ein paar Büchern was nachschauen, und dann muss ich zur Bibliothek."

Carolyn griff an. „Chloe, wir denken dass es an der Zeit ist dir zu sagen dass die meisten Büchereien Bücher haben."

„Oh, wirklich?"

„Ja, praktisch alle Büchereien heutzutage haben einige Bücher."

„In Ordnung, das reicht, du grosse..."

„Okay, okay, okay." Warf ich ein. „Nicht so. Es scheint mir, dass..."

„Sag, wo warst du heute morgen?" fragte Chloe.

„Ich? Meinst du mich? Heute morgen? Genau!"

„Genau was?"

„Richtig. Draußen. Unterwegs. Treffen. Und so." Chloe starrte mich an.

„Also kleiner Bruder, nun, er ist nicht so klein, nur zwei Jahre jünger, aber es ist wie Tag und Nacht. Er ist neunzehn, und dermaßen verdreht dass man es nicht glaubt." Scott stocherte in etwas herum was wie ein Schinkensandwich aussah. „Sieht Schinken grün aus?"

„Ja," antworteten wir alle.

„Dachte ich mir."

„Vielleicht ist es Rinderwahnsinn," bot Jonathan an. „Oder Maul- und Klauenseuche. Vielleicht der gestiefelte Kater..."

Scott biss aggressiv in das Sandwich, und machte ein übertriebenes Hmmmm. „Und so kommt er einfach für ein Wochenende her. Dieser kleine Scheißer hat einen Palm Pilot Organizer, und jede Minute seiner Zeit, auch seine Freizeit, ist bereits programmiert. Er hat sogar ganze fünfzehn Minuten zum Zähneputzen reserviert! Also wirklich, es kann unmöglich sein dass du vom gleichen genetischen Material abstammst wie ich."

„Wo ist dieses Material übrigens? Wir hätten es gerne geräuchert."

„Und so frage ich ihn, was verstehst du heutzutage unter Spaß" Und wisst ihr was er sagte? ‚mich als Freiwilliger beim örtlichen CVJM zu melden.'"

„Ich weiß nicht," sagte Carolyn, „Das ist doch irgendwie nett. Ich denke sich freiwillig melden ist nett. Ich habe mich mal freiwillig gemeldet um—„

„Die Fußballmannschaft vor jedem Spiel zu bedienen?"

„Chloe, Chloe, liebe liebe Chloe, wir zwei sollten—„

„Okay, Leute, bitte," flehte ich.

Scott hatte zum dritten mal in das grüne Schinkensandwich gebissen. „Wisst ihr, mein kleiner Bruder, wie schwierig muss es für ihn gewesen sein aufzuwachsen, schwul zu sein und so. Ich meine, heute tendieren wir dazu zu glauben, dass alle Schwulen und Lesben ‚da' sind, und dass es das Einfachste der Welt wäre. Ich wette jedoch dass weniger als einer von zehn Schwulen wirklich sein coming out hatte. Ich habe darüber vorher nie nachgedacht, wisst ihr? Wie schwer muss das sein? Bis ich begann über meinen Bruder nachzudenken."

Alle am Tisch blickten sich schweigend an; diese Gesprächswendung hin zu einem tatsächlich ernsthaften Thema erwischte jeden kalt. Und war Scott wirklich ernst dabei, oder führte er uns nur aufs Glatteis? Die beste Strategie unter solchen Umständen ist Stille.

„Also? Leute? Hallo?" Er sah ein wenig schmerzerfüllt aus.

„Ja, das muss schrecklich sein," sagte Carolyn endlich. „Bei den kulturellen Studien sprechen wir andauernd darüber, doch, um ehrlich zu sein, scheint einen das erst zu berühren, wenn es um jemanden geht den man kennt. ‚Marginalisierung' nennen wir das. Doch was zum Teufel bedeutet das eigentlich?"

„Wenn du einen Butterersatz verwendest," Chloe grinste zu sich selbst.

„Nicht Margarine, du Dummkopf."

„Oh, coming out oder kein coming out, wen interessiert das schon?" sagte Jonathan, aber wir alle wussten dass er das nicht so meinte.

Trauer machte sich breit; Scott setzte ein Lächeln auf und wechselte das Thema. „Du hast also deine Eltern besucht, Chloe, alles OK mit ihnen?"

„Prima, ja, alles im grünen Bereich. Vater hat Mutter angeboten mit ihr eine zweite Hochzeitsreise zu machen. Sie schrie ‚Oh Gott, nicht noch eine!' und rannte kreischend aus dem Zimmer."

„Ah, gut," sagte ich, „schön zu hören dass alles normal läuft. Kommen sie nächste Woche her?"

„Nein, meine kleine Schwester hat eine Lernschwäche, und sie verbringen das Wochenende mit einem neuen Lehrer."

„Deine Schwester hat eine Lernschwäche?" fragte Jonathan.

„Nur wenn man Dummheit als Lernschwäche bezeichnet."

„Liegt in der Familie, eh?" sagte Carolyn.

„Ah, Humor," antwortete Chloe. „Weißt du Carolyn, ich frage mich gerade wer das hübsche vollschlanke Kleid entworfen hat, welches du trägst. Omar der Zeltmacher vielleicht?"

„Hör zu, du Miststück, ich bin nicht fett."

„Nicht fett? Der Kellner bringt dir die Speisekarte, du schaust sie dir an und sagst, ‚Okay.'"

„Bitte, ihr zwei, nicht während des Essens. Scott ist gerade dabei sich grün zu verfärben, und ich kann nicht sagen ob das wegen des Sandwich oder wegen eurer energetischen Schwingungen ist."

„Ich sehe grün aus?"

„Also, was macht ihr diesen Nachmittag?" fragte Jonathan. „Ich habe dieses unglaublich elende Seminar in Popkultur. Es nennt sich etwa ‚ hohe Stirn, mittlere Stirn, niedere Stirn: Wer braucht was vor die Stirn?" Ich weiß noch nicht einmal was das bedeutet."

„Hat es was mit Leder zutun?" strahlte Chloe hoffnungsvoll.

„Grün?"

„Es geht um kulturelle Studien," sagte Carolyn. „Du wirst es mögen," grinste sie. „Zumindest musst du nicht lesen, sondern lediglich Madonna Videos anschauen. Krieg und Frieden oder so was. Scott, du wirst nicht grün, was ist los?"

Scott schüttelte seinen Kopf. „Ich habe eine Termin beim Zahnarzt für eine Wurzelbehandlung," stellte er missmutig fest. „Ich weiß nicht ob ich lieber zum Zahnarzt gehe, oder in deinem Kurs sein möchte. Ich glaube beim Zahnarzt."

„Na dann viel Spaß mit dem Wurzelkanal!" sagte Chloe.

„Mensch, wer hätte das nicht.?"

Ken Wilber: Nun, unter all dem Geplänkel lauert die Frage, „Hinter Ironie liegt... was?" Sehen sie, sie müssen diese Frage beantworten um aus Boomeritis herauszukommen.

Shambhala: Welche Antwort gibt der Roman?

Ken Wilber: Da wird es ein bisschen knifflig. In diesem postmodernen Roman des Flachland-Pluralismus, wo nichts besser ist als irgendetwas anderes, kann man auf diese Frage nicht einmal eine Antwort formulieren, ohne von der Bühne heruntergelacht zu werden. Jeglicher Tiefe des Bewusstseins wird mit scharfem Misstrauen begegnet. Ein Spektrum des Bewusstseins kommt nicht in Frage – Tiefe in Abstufungen gibt es nirgendwo, lediglich gleichwertige Oberflächen treiben im Meer bedeutungsloser Ironie.

Und so nahm ich im Buch zwei Abkürzungen, zwei Themen verwendend die jeder vor Augen hat, und die schwer zu leugnen sind, speziell für die „kids". Auf die Frage, „Was liegt hinter der Ironie?" gibt der Roman zwei Antworten: „Hinter Ironie ist Sex", und „Hinter Ironie ist Ekstase [Ecstasy]".

Shambhala: Nehmen wir sie hintereinander.

Ken Wilber: Nun, „hinter Ironie ist Sex" bedeutet, dass selbst inmitten des Flachland Pluralismus und der zerstörten grünen Welt, Sex zu haben definitiv besser ist als keinen Sex zu haben. Und so schleicht sich eine Bewertung, eine wirkliche Wertordnung in die Situation – und eine gute dazu. Und darum geht es in den Fantasieabschnitten. Inmitten einer Welt in der nichts irgendeinen speziellen Wert gegenüber irgendetwas anderes hat, sagen die Fantasien dieses jungen Mannes ihm etwas anderes, mit einer absoluten Intensität und Beharrlichkeit die er nicht leugnen kann. Hinter Ironie ist Sex, und er weiß es. Und so beginnen sich Wertigkeiten in diese Flachlandwelt der ererbten Oberflächen einzuschleichen.

Shambhala: Diese Sex-Abschnitte verändern sich aber, wie sie schon sagten.

Ken Wilber: Ja, der Gedanke dabei war, mit rohem, männlichen erwachsenen Sex zu beginnen – das ist das eine unleugbare Thema wo er wirklichen Wert finden kann, eine wirkliche Beurteilung in dieser Welt – aber dann wird der Sexualakt sozusagen selbst erwachsen, und expandiert, bis er über einen reinen egoischen körperlichen Akt hinaus geht, in eine Leidenschaft und ein Mitgefühl der Einheit mit dem gesamten Kosmos, ein leuchtend vernichtender Schauer des Einen Geschmacks in allen Richtungen. Und so beginnt er mit etwas das er nicht leugnen kann, trotz Flachland – und zwar Sex – und er gelangt zu etwas gleichermaßen Unleugbarem – seinem eigenen ursprünglichen Antlitz. Und dazwischen – und das ist die Romangeschichte – ist das gesamte Spektrum zunehmender Tiefe, zunehmender Bedeutung, zunehmendes Wertes, zunehmenden Bewusstseins. Hinter der Ironie ist letztendlich GEIST.

Shambhala: Darum sagten sie, dass die Fantasieabschnitte tantrisch sind.

Ken Wilber: Ja.

Shambhala: Einige dieser „Fantasie" Abschnitte – in Fettschrift gehalten – sind die intensivsten Abschnitte im gesamten Buch. Hier ist ein Abschnitt aus einer späteren Stelle im Buch, wenn der sexuelle Impuls sich auszudehnen beginnt, das gesamte Universum einschließend.

Chloe nimmt die Pizza, reibt sie sich über ihren ganzen Körper, lächelt, und sagt, „das Essen ist serviert!"

Ich lehne mich herüber, lecke ihre Brüste, dringe in sie ein, und eine erschreckende Erregung steigt in mir empor, als sich Chloe's Körper in den von Joan verwandelt, welcher zum unendlichen Himmel wird, in alle Richtungen leuchtend. Die Reibung des Fleisches öffnet sich zum Einssein mit dem All, ein explosiver Orgasmus zerlegt meinen Körper, zerstreut ihn über das gesamte Universum, und ich löse mich auf in einem Regen der Glückseligkeit, welcher ewig ist, eine verborgene, spontane ekstatische Reise, einen digitalen Himmel entzündend.

„Höre mir sehr sorgfältig zu," sagt der Himmel jetzt zu mir, „Ich bin Prakriti, die Öffnung zu allem Raum, der Schoss aus dem alle Manifestation aufsteigt, der fleischliche Eingang zu dem GEIST, welcher bereits immer hier und jetzt ist, ein GEIST, der sich anschickt zu der widerwilligen Welt hinabzusteigen, durch die evolvierenden Wellen von Kohlenstoff und Silikon mit Lichtgeschwindigkeit hindurchjagend. Du möchtest in meinen Körper eindringen, eins sein mit meinem Verlangen, dich sexuell mit meinem Fleisch vereinen, die endgültige Befreiung finden – das ist das was du wirklich möchtest, nicht wahr? – Ficken zur Unendlichkeit, einen Orgasmus zu erlangen, so immens dass der gesamte Kosmos befreit wird – total frei sein, radikal befreit, eins mit dem All. Das ist das was du wirklich willst, warum dann also nur eins sein mit einem einzigen weiblichen Körper, wenn du eins sein kannst mit dem gesamten Kosmos, eine orgasmische Befreiung jenseits deiner wildesten Träume? Warum dich mit diesem Stück Fleisch zufrieden geben, wenn dir die Unendlichkeit gehört? Ken, hörst du mir zu? Ken?"

„Ja, ja, ich höre dich."

„Komm und berühre meine Brüste, alles was du fühlen wirst sind die Wolken. Dringe in meinen Körper ein, alles was du finden wirst ist die Erde. Sei eins mit mir, das ist das was du willst. Habe Geschlechtsverkehr mit dem gesamten Universum, liebe Seele, und löse dich in dieser Glückseligkeit auf. Verstehst du?"

„Ich denke ja, ich versuche es."

„Dann bist du jetzt auf der Spur zu dir selbst, wenn es dir gelingt aus dem Weg zu gehen," erklärt mir ruhig die Stimme des alten Mannes in meinen Kopf.

Ken Wilber: Die Idee dahinter war, mit einigen wenigen Dingen die ein junger Mann nicht verleugnen kann zu beginnen, egal wie sehr das Flachland ihn niederdrückt, und diese dann als einen Zugang über die Ironie hinaus und in die Tiefe zu verwenden. Sex ist eines, und das andere, jedenfalls in dem Roman, ist Ekstase. Beides hängt eng miteinander zusammen, doch hier steht „Ekstase" für die Droge Ecstasy, und die Idee war die, die Raver Scene zu nehmen – diese kids sind raver – und das als einen weiteren Zugang über die Ironie hinaus in die Wirklichkeit hinein zu verwenden.

Shambhala: Das ist riskant.

Ken Wilber: Ja, definitiv. Ich habe lange darüber nachgedacht. Zum einen möchte man die Drogenszene nicht verherrlichen, und ganz sicher möchte man nicht den Eindruck erwecken, dass irgendeine Droge einen reinen Zugang zu allen höheren Wellen ermöglicht. Dennoch glaube ich, dass einige wenige Drogen einen kurzen Einblick in einige dieser höheren Zustände geben können, und das ist das was die Droge so reizvoll macht. Und so, noch einmal, wollte ich einen bezug zu einer Wirklichkeit von Tiefe und Bedeutung herstellen, die bereits in der Welt des jungen Mannes gegenwärtig ist, etwas was er nicht leugnen kann, etwas, dem er nicht mit Ironie begegnen kann, etwas was so weit weg von Ironie ist, dass es sich zur Wirklichkeit selbst hin öffnet.

Shambhala: Also: hinter der Ironie liegt die Ekstase. Und die Ekstase, wie Sex, beginnt mit primitiven, niederen Formen – wie eine tatsächliche Drogenerfahrung – doch sie evolviert das gesamte Bewusstseinsspektrum hinauf zu ihrer endgültigen, natürlichen Glückseligkeit.

Ken Wilber: Ja, das stimmt.

Shambhala: Hier ist einen weiterer Fantasieabschnitt, weiter hinten in dem Buch, wo diese Lektionen sich zu stabilisieren beginnen:

Doch der dritte Rang – oder der GEIST selbst – ist immer anwesend, glückselig scheinend, ewig strahlend.... der glückselig wirbelnde Sturm eines kosmischen Bewusstseins, zu nahe um gesehen zu werden, in diesem endlosen Sturm [Rave], welcher das Wesen aller Wirklichkeit ist, löse ich mich auf, eine zeitlos glückselige ekstatische Welle der luminösen Elektrizität, welche die gesamte Welt antreibt.

„Chloe, wusstest du dass der wirkliche Grund, warum wir Ecstacy nehmen und die ganze Nacht durchmachen der ist, dass wir versuchen in Kontakt mit dem dritten Rang zu kommen?"

„Ooooh, sieh wie ich das Bewusstsein verliere," sagt sie, und macht genau das: taucht weg in diese Glückseligkeit, ihre Augen rollend, ihr nackter Körper sich in meinem auflösend, und die ravende Welle des gesamten Kosmos rauscht durch unsere verbundenen Körper, ein leuchtendes Schnippen von Dingen die noch kommen, ein herrlicher Blick einer strahlenden, radikalen, wilden Zukunft die mich wie wild packt; das bum bum bummern der kommenden Morgenröte schüttelt grob meinen Körper damit ich erwache....

Ken Wilber: Sowohl Sex als auch Ecstacy bringen ihn aus dem Flachland in die Welt von Tiefe und Bedeutung, und beides führt ihn schließlich über die Ironie hinaus in die Wirklichkeit.

Shambhala: Ein weiteres Beispiel gegen Ende des Buches:

Tiefer und tiefer in mein Sein hinein, eintauchend in mein Bewusstsein, ruhend als der unendliche Zeuge all der Welten die erscheinen. Eine leere, dunkle, riesige Formlosigkeit, und doch ihrem Wesen nach lebendig, unendlich weise, in einem Leuchten erstrahlend, zu fein um gesehen oder auch nur gefühlt zu werden, eine unendliche Befreiung auf der anderen Seite des Terrors, eine radikale Freiheit jenseits der Gestaden des Schmerzes, eine Glückseligkeit jenseits von Glückseligkeit die nicht gefühlt werden kann, und ein Licht jenseits des Lichtes welches nicht gesehen werden kann.

„Komm jetzt zurück zu mir, Ken," flüstern die Augen des Himmels.

Und aus dieser unendlichen Leere heraus explodiert die gesamte Welt, und ich werde überflutet von einer Ekstase, die so unerträglich intensiv ist dass ich in eine Million Seelen zersplittere, verteilt in den kosmischen Winden; ich erscheine als eine Unendlichkeit transparenter Sterne, den schützenden Himmel zierend, tauche dann sofort in eine schimmernde Sonne ein, welche im Herzen eines jeden Wesen scheint, wieder erscheinend als die erotische Erde, welche Leben an alle gibt die sich danach sehnen. Freiheit und Fülle durchtränken mein Sein, und sättigen das Universum bis hinein in seinen leuchtenden Kern, und das alles ist so offensichtlich, so absolut, schmerzvoll und furchtbar offensichtlich.

All das entfaltet sich in den Fantasieabschnitten, während im erzählenden Text des Romans Stuart selbst eine ähnliche Art von Erfahrung macht – die sich tatsächlich in Stuart's wirklichem Leben ereignete – er schrieb eigentlich seine eigenen Abschnitte in dem Roman.

Ken Wilber: Ja, wie wir schon sagten, alles im Buch hat eine postmoderne Zweideutigkeit, bzw. eine Tatsache/Fiktion Zweideutigkeit, was das Schreiben sehr schwierig machte, doch denke, das sich das als eines der Dinge des Buches herausstellt, die Spaß machen. Der Roman ist eine Art postmodernes Spiegelkabinett. Abgesehen davon, wie gesagt, dass der Postmodernismus seinen eigenen Witz nicht versteht.

Shambhala: Sie wissen, dass die Gen-Xer ganz verrückt nach dem Buch sind. Wir haben es etwa 40 von ihnen gegeben, und sie alle sagten praktisch dasselbe: Ich bin die ganze Nacht aufgeblieben um es zu lesen. Es ist 450 Seitzen lang! Ist das in Ordnung für sie?

Ken Wilber: Oh, ich denke das ist großartig. Ich weiß dass die Leute es gerne lesen, weil sie nicht erwarten können zu erfahren was Chloe in den nächsten Fantasieabschnitten alles machen wird. Doch ich denke, sie lesen es auch wegen eines tieferen Grundes. Sie wollen raus aus dem lässig-trägen Flachland, überall bedeutungslose Oberflächen, und Ironie dort wo Freude sein sollte.

Shambhala: Eines der heißen angesagten „in" Magazine möchte eine Titelstory daraus machen, mit der Überschrift „Hinter Ironie liegt..." Eine Menge Gen-Xer stehen dahinter, eine Gelegenheit sich der Boomer zu entledigen. Spielen sie da mit?

Ken Wilber: Es geht nicht so sehr darum ob ich sage dass das richtig ist oder nicht; dieser Dialog wurde bisher von grün unterbunden, und wenn nun diese Diskussion endlich beginnt, finde ich das prima.

Shambhala: Okay, sprechen wir über die Boomer selbst. Bedeutet dies dass sie sie aufgeben?

Ken Wilber: Absolut nicht. Es bedeutet einfach dass es für die Boomer an der Zeit ist, sich von grün nach gelb zu bewegen, vom Pluralismus zum Integralismus, mit welcher Bezeichnung auch immer. Und ich denke dass viele Boomer das tun werden, weil sie sich seit dreißig Jahren auf der grünen Bewusstseinswelle befinden, und es ihnen langweilig wird. Und sie hungern sehr nach mehr Tiefe, mehr Bewusstheit, mehr Fürsorge und Mitgefühl. Ich denke es bestehen gute Aussichten dass das passieren wird.

Shambhala: Glauben sie dass das Buch dabei helfen wird?

Ken Wilber: Nun, natürlich hoffe ich das, doch realistischerweise haben Dinge wie Bücher nur wenig Einfluss.

Shambhala: Doch sie haben im Zusammenhang mit dem Aufbau des Buches an anderer Stelle gesagt, wie es Menschen dabei helfen könnte sich von grün nach gelb zu bewegen.

Ken Wilber: Nun, alles was ich wirklich gesagt habe ist, dass ich hoffe dass es das tun wird, und dass ich es speziell im Hinblick darauf auch geschrieben habe. Aber wer weiß das schon.

Shambhala: Sie haben es im Hinblick worauf geschrieben?

Ken Wilber: Ich ging von der Annahme aus, dass viele Leser am „grünen Ausgang" stehen. Das heißt, sie sind immer noch identifiziert bzw. hängen an der grünen Welle, doch sie sind bereit sich von grün nach gelb zu transformieren, bzw. zum zweiten Rang. Und daher ist jedes Kapitel so angelegt, dass es die grüne Identifikation von einem anderen Blickwinkel aus angeht. Das bedeutet speziell, dass grün auf die verschiedensten Weisen beschimpft wird. Nur jemand der mit den grünen Werten identifiziert ist, wird sich darüber wirklich aufregen, wenn man nun also diese ansonsten sehr netten Leute immer wieder beleidigt, dann werden sie schließlich merken, nicht was der andere für eine erbärmlich gemeine Person ist, sondern wie sehr sie selbst mit dieser Welle identifiziert sind und an ihr hängen.

Shambhala: Das Buch beleidigt also grün.

Ken Wilber: Nun, so beginnt es, ja. Im wirklichen Leben ist das etwas was ich mit EKL zu tun begann. Es ist kontrovers, dessen bin ich mir bewusst. Man kann eine Veränderung im Tenor meines Schreibens bemerken, wenn es um das gemeine grüne Mem geht (z.B. Ausführung F). Aber dieser beleidigende Ton entspricht eigentlich nicht meiner Sprache im wirklichen Leben, oder allem anderen was ich schreibe. Noch einmal, mir ist klar dass das sehr kontrovers ist, und was langfristig gesehen den Sinn des Ganzen betrifft, kann das zutiefst missverstanden werden.

Wie auch immer, im Buch ist es einfacher und klarer, weil das Buch nur am Anfang grün beschimpft. Es erfolgt dann ein Gangwechsel, und grün wird beim integralen Zusammenschluss

leidenschaftlich willkommen geheißen.

Shambhala: Warum dann also zu Beginn dieses Beschimpfen?

Ken Wilber: Um diese subjektive Struktur objektiver zu machen. Das heißt, Menschen dazu zu bringen, sich die eigenen grünen Strukturen zu betrachten, anstatt sie als etwas zu benutzen mit dem man die Welt betrachten kann. In der Entwicklung, darauf weist Bob Kegan immer wieder hin, wird das Subjekt einer Entwicklungsstufe zum Objekt des Subjektes der nächsten Stufe. Wenn man also beginnt das eigene grün zu betrachten, dann beginnt man sich über grün hinaus zu bewegen... in den integralen zweiten Rang.

Und so nähert sich jedes Kapitel des Buches grün von einer anderen Seite, und beschimpft grün von einer anderen Seite, um hoffentlich seine Konturen mehr in die eigene Aufmerksamkeit zu heben, und dabei zu helfen die eigene Anhaftung loszulassen. Dann, am Ende des Romans, erfolgt die Lösung in einer integralen Umarmung, also dem was grün zutiefst selbst möchte.

Shambhala: Deshalb ist das Buch also angelegt, Menschen bei ihrer Dis-identifikation von grün zu helfen. Und es dann zu integrieren.

Ken Wilber: Das ist die Hoffnung, ja. Doch ich denke es funktioniert nur beim „grünen Ausgang". Diejenigen, die noch immer zutiefst mit der grünen Welle identifiziert sind werden sehr ärgerlich werden, sich über mich aufregen, und weitere Tonnen von Material darüber schreiben was für ein Tölpel ich bin. „Am meisten bin ich über das, was sein Tenor uns über seine eigene Entwicklung sagt sehr besorgt, sein Mangel an Gefühlen, sein rein intellektuelles und entkörpertes Verständnis der Spiritualität, sein Versuch seine universellen und absolutistischen Schemata allen anderen aufzuzwingen..."

Shambhala: Ja, das haben wir alles schon gehört. Regt sie diese Kritik auf?

Ken Wilber: Persönlich? Natürlich. Sehr sogar. Das ist absolut verständlich, weil ich es absichtlich herausgefordert habe. Aber ich möchte nicht dass diese Menschen mich hassen. Ich möchte dass sie schauen warum sie mich hassen. Warum so aufgeregt? Welche Werte sind gefährdet? Ich versuche das im meinen eigenen Fall auch zu tun, und bin nicht immer erfolgreich, aber es ist wirklich die einzig wirklich wichtige Frage. Nicht, warum ist der-und-der so arrogant und bekloppt, sondern, warum regt mich das so sehr auf?

Shambhala: Das Buch versucht, Menschen durch diese Frage hindurch und am anderen Ende wieder herauszuführen.

Ken Wilber: Das ist meine Hoffnung. Zusätzlich also zu all den anderen Dingen die in dem Buch passieren, behandelt jedes Kapitel ein bestimmtes Thema, welches durch ein zerstörtes grün infiziert wurde – infiziert mit Flachland-Pluralismus, mit Boomeritis – und es betrachtet dieses Thema von so vielen Blickwinkeln aus wie möglich. Einige auf neutrale Art, andere auf absichtlich provozierende Art, um die Dis-Identifikation zu erleichtern.

Shambhala: Diese Themen beinhalten die neuen Paradigmen, Dekonstruktion, UfO Entführungen, die hundert Affen, Foucault, Derrida, Poststrukturalismus, Genealogie, Patriarchie, das Denken der Eingeborenenvölker, die westliche Aufklärung, die ökologischen Bewegungen, Feminismus, Astrologie, partizipatorischen Pluralismus, um nur einige zu nennen.

Ken Wilber: Die Idee dahinter ist zu zeigen, dass jede dieser Bewegungen, obgleich sie zu beginn als gesundes grün starteten, bald zu einer Heimat des Flachland-grün wurden, von Boomeritis, und der Schaden den sie verursachten das Gute beinahe überwog. Also ja, ein Teil dessen was geschieht, während Stuart eine tiefgehende Transformation erfährt, die ihn über grün hinausführt, über Pluralismus und Ironie hinaus – was der eigentliche Kern des Romans ist – sind diese Hintergrunddiskussionen über all die Themen die sie erwähnten, verwoben mit all den anderen Erzählungen und den postmodernen Doppeldeutigkeiten.

Shambhala: Das passt das akademische Material des ersten Buches hinein.

Ken Wilber: Ja, das stimmt. Das akademische Material wurde in eine „Therapiesitzung" umstrukturiert, wenn sie so wollen, um Mensch dabei zu helfen sich von grün zu dis-identifizieren, und über Flachland-Pluralismus und endlose Ironie hinauszugehen.

Shambhala: Glauben sie dass es auch so funktioniert?

Ken Wilber: Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Wie ich sagte, ich hoffe es. Ich möchte es mal so sagen. Wenn sie bereits offen sind für eine integralere Sicht, und Hilfe möchten für eine Entwicklung über grün hinaus – was bedeutet grün zu transzendieren und zu umfassen – dann glaube ich dass das Buch sie definitiv durch grün hindurchführen wird, und darüber hinaus. Aber wenn sie von Anfang an nichts davon annehmen können, dann wird es niemanden von irgendetwas überzeugen.

Shambhala: Doch das Buch hilft nicht nur um über grün hinauszugehen, es ist ein kleines Handbuch für eine tantrische Realisierung des Einen Geschmacks.

Ken Wilber: Das ist auch eine Hoffnung, ja.

Shambhala: Okay, kommen wir mit ein paar Anmerkungen zu einem Ende. Wenn man es noch einmal betrachtet, was sie taten war im Grunde das Schreiben von Boomeritis und Band 3 der Kosmos Trilogie in einer langen Sitzung. Wie sie sagten, etwa 1200 Seiten alles in allem – 450 Romanseiten und 800 Seiten anderes Material. Stimmt das?

Ken Wilber: So habe ich das nie gesehen, aber doch, so hat es sich wohl entwickelt.

Shambhala: Und wie sehen sie nun selbst diese Gesamtaussage? Diese zwei Bücher zusammen sind so eine Art riesige Gestalt, die etwas aussagt. Und was?

Ken Wilber: Oh, ich sehe schon, eine leichte Frage zum Schluss. [Lacht] Ich denke, dass der Satz, den wir früher schon verwendet haben, alles zusammenfasst: Hinter Ironie ist_______.

Es scheint mir, dass die Art und Weise, wie sie diese Lücke füllen, die Art ist wie sie die großen philosophischen Fragen der postmodernen Ära beantworten. Boomeritis ist ein Versuch das Problem zu diagnostizieren. Eine Theorie von Allem [Ganzheitlich Handeln] - nun, eigentlich so ziemlich auch alle meine anderen Bücher – sind ein Versuch eine Version einer Antwort zu geben, eine Prognose einer integraleren Zukunft. Band 3 ist lediglich ein akademischer Weg zur Strukturierung der Antwort auf eine Art und Weise, die postmoderner Ironie und der Verleugnung von Tiefe aus dem Weg geht, doch die wirkliche Antwort wird genau so gefunden wie Stuart sie gefunden hat: in der strahlenden Transformation des liebenden Herzens, welches sich der Unendlichkeit öffnet und nicht zurückschaut, außer um alle empfindenden Wesen zu umarmen, mit einem leidenschaftlichen Gleichmut, welcher die Selbst-Kontraktion in diesem und in jedem Augenblick überstrahlt. Weil hinter Ironie bist... du. Hinter Ironie ist dein Ursprüngliches Gesicht, leuchtend selbst hier und jetzt....

Ubersetzung: Michael Habecker