INTEGRAL WORLD: EXPLORING THEORIES OF EVERYTHING
Ein Forum für eine kritische Diskussion über die integrale Philosophie von Ken Wilber



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Quelle: www.shambhala.com [Hinweis: wenn es im nachfolgenden Text heißt „...veröffentlicht auf dieser Internetseite...", dann ist damit www.shambhala.com gemeint.]

Ausführung H

Boomeritis Buddhismus

Ken Wilber

A.d.Ü.: Der folgende Text ist eine [Nr. H] von mehreren Ausführungen [sidebars] zum Roman „Boomeritis", der im Mai 2002 im Original erschienen ist. Über die Motive, die Ken Wilber bewogen haben zu einem Roman eine Reihe von „sidebars" zu schreiben und im Internet zu veröffentlichen, noch bevor der Roman erschienen ist, äußert er sich in einem Interview mit dem shambhala Verlag (On the Release of Boomeritis, and the Completion of Volume 3 of the Kosmos Trilogy, veröffentlicht auf wilber.shambhala.com, bzw. Ein Shambhala Interview mit Ken Wilber: über die Veröffentlichung von Boomeritis, und die Fertigstellung von Band 3 der Kosmos Trilogie, veröffentlicht auf dieser Homepage).
Auch wenn die Ausführungen keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Roman „Boomeritis" zulassen, so verwendet Wilber doch Figuren des Romans. So wird auch die nachfolgende „Ausführung H" aus der Perspektive eines jungen Studenten am Integral Center (IC) erzählt [das IC orientiert sich an dem von Wilber gegründeten Integralen Institut, (abgekürzt II)]. Vortragende dieser „Ausführung H" ist Joan Hazelton, eine Lehrerin am IC, die einen Vortrag zum Thema „Boomeritis Buddhismus" hält.

[Boomeritis Buddhismus ist so ernst – und beunruhigend – wie ein Thema es nur sein kann. Doch meiner Meinung nach - wenn sie daran interessiert sind das Thema zu verstehen - ist der direkte Weg der, dass sie zuerst den Roman Boomeritis lesen, anderenfalls wird das worum es geht nicht richtig deutlich werden. Für diejenigen die das getan haben stellt die folgende Ausführung ein paar Überlegungen dar über etwas, von dem ich glaube dass es die größte einzelne Gefahr für den Buddhadharma im Westen darstellt.
Einer der zwei oder drei populärsten amerikanischen buddhistischen Lehrer schrieb mir per e-Mail – nachdem er das Buch gelesen hatte: „Hm, ich glaube ich habe diese Krankheit." Ich glaube, dass die große Flexibilität und das Nichtverhaftetsein, welches eine buddhistische Ausbildung Menschen nahe bringt, stark genug sein werden um Boomeritis zu überwinden, aber ob das geschieht oder nicht bleibt abzuwarten. – kw]


Joan Hazelton hielt einen lange Vortrag über boomeritis Spiritualität im allgemeinen, und boomeritis Buddhismus im besonderen, vieles davon war für mich zu technisch. Doch ich schrieb Kommentare dazu auf, und kopierte mir dann Kim's Aufzeichnungen:

„Das Vorhandensein von boomeritis Buddhismus erfordert ein anspruchsvolles psychospirituelles Modell, um sich über seine Grundzüge klar zu werden. Es erfordert als das Mindeste das was wir ein Phase-4 Modell nennen, welches alle Quadranten, alle Ebenen, alle Linien, alle Zustände, alle Typen beinhaltet – ein ganz schönes Bündel, nicht wahr? Wie viele von euch wissen, verwenden wir in diesem Einführungsseminar über Boomeritis lediglich ein Phase-2 Modell – bzw. eine leiterähnliche Entwicklungsspirale, weil es das einfachste Modell ist um unsere Botschaft zu transportieren; doch wenn es um die Feinheiten spiritueller Entwicklung geht, dann funktioniert diese Art von Leitermodellen nicht besonders gut.

„Das Modell welches wir am IC verwenden ist komplexer, doch so weit wir das sagen können entspricht es den maßgeblichen Daten (und wenn es das nicht tut, dann ändern wir es, oder versuchen es zu ändern). Zur Zeit beinhaltet es die vier Quadranten – intentional, verhaltensmassig, sozial und kulturell – ebenso wie die extrem wichtigen Phänomene der Ebenen und Linien (bzw. Wellen und Ströme) – mit der Vorstellung, dass verschiedene Entwicklungslinien (z.B. kognitiv, moralisch, interpersonell, spirituell, emotional, künstlerisch, kinästhetisch, usw.) sich auf eine relativ unabhängige Art und Weise durch die verschiedenen Ebenen/Wellen/Stufen des Bewusstseins entwickeln (z.B. präkonventionell, konventionell, postkonventionell), so dass ein Mensch bei einigen Linien ziemlich hoch, bei anderen mitteln, und bei wieder anderen niedrig entwickelt sein kann – es gibt also wenig was bezüglich der Gesamtentwicklung wirklich linear ist.

„Das integrale Modell beinhaltet ebenso die wichtigen Phänomene der Zustände und Stufen – und zwar dass ein Mensch eine Gipfelerfahrung bzw. einen veränderten Bewusstseinszustand auf praktisch jeder Stufe/Ebene/Welle des Bewusstseins haben kann. Veränderte Zustände sind (mindestens) von viererlei Art, die vier sehr gegenwärtigen, natürlichen Bewusstseinszustände repräsentierend – Wachen (grobstofflich), Träumen (subtil), Schlafen (kausal), und nichtdual (uns die entsprechenden spirituellen Zustände zeigend: Naturmystik, Gottheitsmystik, formlose Mystik, und nichtduale Mystik. Siehe Ausführung G: ‚Zustände und Stufen').

Was das bedeutet – um ein ganz kurzes Beispiel zu geben - ist, dass jemand, sagen wir auf der blauen Entwicklungsstufe, eine Erfahrung eines veränderten Zustandes bzw. eine Gipfelerfahrung eines subtilen Zustandes haben kann – so etwa eine Erfahrung eines göttlichen Lichtes oder eines inneren Leuchtens – doch dieser Mensch wird dazu tendieren, diese Erfahrung durch denjenigen mentalen Apparat zu interpretieren, der sich in seinem oder ihrem speziellen Fall konkret entwickelt hat. In diesem Beispiel wird der Mensch die spirituelle Erfahrung in Begriffen des blauen Mem interpretieren, was bedeuten würde, dass wir so etwas wie die ‚Wiedergeburts'erfahrung eines Fundamentalisten haben würden: dieser Mensch fühlt mit vollkommener Sicherheit, dass Jesus zu ihm persönlich gekommen ist, und dass niemand gerettet werden kann, so lange er nicht Christus als seinen persönlichen Retter akzeptiert. Die Erfahrung eines subtilen Zustandes ist sehr real und authentisch, doch sie wird durch die mythische Gruppenzugehörigkeit interpretiert, konkret operational, die mentale Ebene des blauen Mem.

„Genau das Gleiche geschieht mit den anderen Hauptebenen oder Stufen oder Wellen der Entwicklung. Ein Mensch auf praktisch jeder Stufe des Bewusstseins kann einen veränderten Zustand des Bewusstseins haben (grobstofflich, subtil, kausal, oder nichtdual), doch er wird diese Erfahrung durch die Brille der allgemeinen Stufe, auf der er sich befindet, interpretieren – das bedeutet eine Interpretation durch die mentalen Strukturen über die er verfügt, bzw. die bereits in seiner Entwicklung emergiert sind. Eine Person kann eine tiefgehende satori-ähnliche Erfahrung der reinen Leere (des formlosen Bereiches) haben, doch diese Person wird allgemein diese spirituelle Erfahrung in Begriffen seiner oder ihrer durchschnittlichen Entwicklungsstufe interpretieren (z.B. wird ein Mensch mit dem Bewusstseinsschwerpunkt in blau veränderte Zustände überwiegend in blauen oder mythischen Begriffen interpretieren; eine Person in grün wird sie in pluralistischen Begriffen interpretieren, und so weiter).

„Es gibt natürlich eine große Vielfalt veränderter Bewusstseinszustände, welche Männern und Frauen unter verschiedenen Umständen zur Verfügung stehen, doch, wie schon gesagt, gibt es mindestens drei Hauptzustände, welche praktisch für jeden verfügbar sind: Wachen, Träumen und Tiefschlaf, und diese Zustände können – wie erwähnt - zum Auftauchen spiritueller Erfahrungen führen wie Naturmystik (oder Einheit mit dem grobstofflichen Bereich), Gottheitsmystik (oder Einheit mit dem subtilen Bereich), und formlose Mystik (oder Einheit mit dem kausalen Bereich). Wir fügen noch das nichtduale Bewusstsein hinzu, von dem viele Traditionen behaupten, dass es der immer-anwesende ursprüngliche GEIST ist. Der Punkt dabei ist einfach der, dass viele tiefgehende veränderte Zustände Individuen auf praktisch jeder Stufe der Entwicklung verfügbar sind, einfach deshalb weil jeder wach ist, träumt und schläft.

„Übrigens ist es dabei wichtig zu verstehen, warum die großen Weisheitstraditionen – einschließlich Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Judentum, Taoismus, Schamanismus und die Traditionen der Eingeborenen – kein Stufenmodell wie z.B. Spiral Dynamics haben. Wir haben diesen Gedanken in anderen Seminaren ausführlich behandelt [siehe Ausführung G, Untertitel „Zwei Arten von Stufen, und warum die kontemplativen Traditionen nur eine davon haben"; und speziell Ausführung I und Ausführung J, die demnächst veröffentlicht werden]. Doch die grundsätzliche Idee dahinter ist ganz einfach: die Wellen der Bewusstseinsentfaltung, wie sie von Menschen wie Clare Graves, Abe Maslow, Jane Loevinger, Robert Kegan, Susann Cook-Greuter und anderen entdeckt wurden, sind intersubjektive/interobjektive Stufen, und nicht nur subjektive Stufen, und daher können sie nicht durch Dinge wie Meditation, Kontemplation, Introspektion und so weiter entdeckt werden. Sie gründen sich überwiegend auf die unteren Quadranten, und sie entziehen sich größtenteils der Phänomenologie und der Hermeneutik (und der Aufmerksamkeit der Weisheitstraditionen). Dies ist, überflüssig zu sagen, ein gravierender Mangel, der mit einer integraleren Psychologie behoben werden kann. Die großen Traditionen sind nicht falsch, sondern in dieser Beziehung lediglich partiell, doch das lässt sich leicht beheben!

„Okay, betrachten wir die Phänomene der Zustände und Stufen unter Verwendung von Spiral Dynamics als einem Beispiel. Wie wir sagten, kann ein Mensch auf rot einen veränderten Zustand des Grobstofflichen, Subtilen, oder Kausalen erfahren (z.B. kann eine Person auf rot eine Gipfelerfahrung der Naturmystik, Gottheitsmystik, oder formlosen Mystik haben). Eine Person auf blau kann ebenso eine veränderte Zustandserfahrung des Grobstofflichen, Subtilen oder Kausalen haben. Und so auch mit orange, grün, gelb, und so weiter. Mit anderen Worten, dieses einfache Modell als Beispiel verwendend, kann jede der 8 Stufen die 3 Hauptzustände erfahren. Dies gibt uns ein Raster von 24 verschiedenen Typen spiritueller Erfahrung. Unsere Forscher hier am IC haben glaubhafte Beispiele aller 24 gefunden (mit Ausnahme der extremen Randbereiche, wo die Dinge verwischen). [Siehe Ausführung G, Untertitel: ‚Eine Matrix veränderter Zustände'; Integrale Psychologie; und Combs, The Radiance of Being, zweite überarbeitete Auflage.]

„Es ist meine Überzeugung, dass jede dieser spirituellen Erfahrungen eine reale und authentische Erfahrung ist oder sein kann. Jedoch werden diese Erfahrungen um so angemessener interpretiert, je höher die Stufe ist die sie erfährt. Eine türkise Erfahrung des Heiligen, zum Beispiel, würde die Tatsache einschließen dass das Göttliche allen empfindenden Wesen frei gegeben wird, wohingegen eine blaue Erfahrung des Heiligen behauptet, dass Gott nur auserwählten Menschen geschenkt wird, bzw. nur den Wenigen die diese Version von Gott annehmen, oder nur dieser einen Nation, und so weiter – mit anderen Worten, blau ist ethnozentrischer GEIST, türkis ist weltzentrischer GEIST. Obgleich beide dieser Individuen eine authentische spirituelle Erfahrung gehabt haben mögen (in diesem Fall eine Erfahrung eines sehr realen, sehr authentischen subtilen Zustandes), ist die türkise Interpretation dem GEIST angemessener als die blaue, weil türkis mehr Entwicklungstiefe hat und daher umfassender und integraler ist.

„Dieser Ansatz kann uns helfen, viele offensichtlich widersprüchliche Erfahrungen zu verstehen. Der Schamanismus zum Beispiel ist eine tiefgehende Technik der Induzierung veränderter Zustände von psychischer und subtiler Natur. Aus diesem Grund wird er richtigerweise von vielen Zeitgenossen gewürdigt, die einen Ausweg aus dem Flachland suchen. Gleichzeitig emergierte der Schamanismus ursprünglich in purpurnen und roten Stammesstrukturen, und daher sind die Interpretationen, die mit einigen dieser schamanischen Zustände einhergehen, an heutigen Standards gemessen problematisch, altmodisch, oder sogar regressiv. Der Trick besteht darin in der Lage zu sein, die Technologien veränderter Zustände zu nehmen, und sie in angemessenere Interpretationen einzufügen (z.B. türkis und höher). Doch Schamanismus selbst – der ursprüngliche Schamanismus – war, gelinde ausgedrückt, ein ziemlicher Mischmasch. Er entstand in Kulturen die zutiefst ethnozentrisch waren, die oft den Kahlschlag des Altertums praktizierten, die das Umbringen von Neugeborenen als eine Notwendigkeit sahen, die die Welt aggressiv in ‚wir' gegen ‚die' unterteilten, und deren Stammesstrukturen ein weltzentrisches Mitgefühl endgültig ausschlossen. Also seien wir vorsichtig mit dem, was wir loben, ja? Wir leugnen nicht dass schamanische Zustände höhere ZUSTÄNDE sind – aber an welche STUFEN schließt man sie dann an?

„Mit anderen Worten, die Existenz von Zuständen und Stufen ist sehr wichtig, weil sie uns die Phänomene von boomeritis Buddhismus zu verstehen hilft – oder boomeritis Spiritualität im allgemeinen, unabhängig davon ob Schamanismus, Naturmystik, Ökofeminismus, Gottheitsmystik, Spiritualität des Abstiegs, kontemplatives Christentum, Neo-Vedanta, Kabbalah, Tiefenökologie und so weiter betroffen sind.

„Kurz und bündig, es sieht so aus, dass boomeritis Buddhismus – und boomeritis Spiritualität im allgemeinen – dann auftritt, wenn der Bewusstseinsschwerpunkt einer Person im grünen Mem ist, und diese Person sehr reale, sehr authentische Erfahrungen transpersonaler, transrationaler Zustände des Bewusstseins hat. Speziell während meditativer Zustände des Bewusstseins kann eine Person eine breite Vielfalt transpersonaler Ereignisse erfahren, einschließlich subtiler Zustände visionärer Erfahrungen (Gottheitsmystik, savikalpa samadhi, sambhogakaya), kausaler Zustände formlosen Bewusstseins (unmanifeste Leere, nirvikalpa samadhi, dharmakaya), und sogar nichtduales Bewusstsein (sahaj samadhi, svabhavikakaya, nichtdualer Einer Geschmack).

„Doch so authentisch wie diese Zustände wirklich sind – und niemand leugnet das! – werden sie doch sofort aufgegriffen und durch das grüne Mem interpretiert. Konsequenterweise interpretiert die Person Buddhismus – oder einfach seine oder ihre eigene spirituelle Erfahrung – so, dass authentische Spiritualität anti-hierarchisch, relativistisch, und hauptsächlich eine Angelegenheit partizipatorischen Teilens ist, konzentriert auf sorgenden Dialog, eine demokratische Zurückweisung jeglichen Rangunterschiedes zwischen Lehrer und Schüler (‚der Sangha ist der Buddha'), Ablehnung jeglicher Graduierung und Bewertung, Ermutigen einer Mehrfachheit und Vielfachheit von gleichermaßen gültigen Wahrheiten, Feststellung einer Pluralität von spirituellen Endgültigkeiten, Unterbetonung von Erleuchtung, da jegliche ‚höheren' Zustände irgendjemand marginalisieren könnten, Betrachtung des spirituellen Lehrers lediglich als einen gleichwertigen Freund, mit dem man den nichthierarchischen spirituellen Weg geht, Hand in Hand als Gleichwertige, auf eine intensive Disziplin verzichtend, und leugnend dass das Erwachen etwas anderes sei als die Wäsche mit irgendeiner Art von Aufmerksamkeit zu waschen..."

Joan Hazelton blickte auf und lächelte. „Noch einmal, es ist nicht so dass daran etwas falsch, oder schlecht, oder unrichtig wäre. Vielmehr ist es so, dass all dies im Wesentlichen zum Wertesystem des grünen Mem gehört, und als solches keine Teilhabe an den noch umfassenderen Werten des integralen zweiten Ranges hat. Diese grünen Werte sind daher nicht einfach nur in noch tieferen und höheren und weiteren Interpretationen aufgenommen, sondern sie sind in sich geschlossen, und enden damit dass sie die anderen Wertesysteme marginalisieren und zurückweisen.

„Wie wir gesehen haben, gibt grün vor einschließend und nicht-marginalisieren zu sein, doch tatsächlich will es rot nicht rot sein lassen, oder blau nicht blau, oder orange nicht orange, oder gelb nicht gelb – in vielen Fällen verachtet es diese Werte, und man wird dir das klar und deutlich sagen! (Das grüne Mem fühlt sich nicht wohl mit roten Antrieben, hat eine harte Zeit mit blauen republikanischen Werten, verunglimpft oft orangen Kapitalismus, es verabscheut gelbe Hierarchien, es schreckt vor türkisen Universalien zurück, und so weiter.) Auf der anderen Seite erkennt die primäre Maxime des Bewusstseins des zweiten Ranges, dass ein gesundes rot die Möglichkeit haben muss auf seine eigene Weise rot zu sein, gesundes blau muss blau sein können, orange muss orange sein können, grün muss grün sein können, und so weiter – und nur auf diesem Weg kann eine integrale Bewusstheit entstehen, welche das gesamte Spektrum des Bewusstseins umfasst, und nicht nur die Werte eines Mem übermäßig privilegiert, in diesem Fall grün."

Hazelton ging langsam an den Rand der Bühne, nahm einen tiefen Atemzug, und fuhr fort. „Schauen wir uns die Zahlen an, liebe Seelen. Mit 25% der amerikanischen Bevölkerung bei grün (die ‚kulturell Kreativen'), und weniger als 2% im zweiten Rang, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Buddhismus vom grünen Mem eingefangen wird, in der Tat sehr hoch. Das bedeutet, die meisten amerikanischen Buddhisten sind Buddhisten des grünen Mem, einfach aufgrund der Demografie.

„Noch einmal, dies ist weder gut noch schlecht, es ist einfach so. Doch das hat bestimmte Auswirkungen, von denen ich glaube dass jeder, der sich mit Buddhismus beschäftigt, – oder mit Spiritualität ganz allgemein – sich ihrer bewusst sein sollte.

„Zuallererst ist ein Buddhist des grünen Mem sicherlich kein türkiser oder integraler Buddhist, was die größten Gestalten der Mahayana- und Vajrayana-Texte sehr wahrscheinlich waren. Denken wir zum Beispiel an die Avatamsaka Sutra, eine geniale Arbeit des zweiten Ranges, welche die konzentrisch kreisförmig angeordnete [nested] Hierarchie der Bewusstseinsevolution erhellt, sich bis zum dritten Rang hin ausdehnend; die anuttara Tantras des Vajrayana, welche aus türkisen Instruktionen bestehen, über holistische kosmische Energien, die zum Bewusstsein des dritten Ranges führen, und hin zur großen Erleuchtung; Die Dzogchen upadesha, spirituelle Abhandlungen die das Bewusstsein beschreiben, wie es sich vom ersten zum zweiten Rang entfaltet, und eine Verwirklichung der immergegenwärtigen Gegenwart; und sogar die abidharma Psychologie des Theravada, tiefgehende Darlegungen des Bewusstsein des dritten Ranges. Keine davon sind grün-memische Abhandlungen; sie alle sind Abhandlungen des zweiten und dritten Ranges – und, meine Freunde, das ist wirklich wichtig.

„Erinnern wir uns, dass die Wellen der ersten Ranges, beige, purpur, rot, blau, orange und grün sind; was jede von ihnen definiert ist, dass sie glauben dass ihr Wertesystem und ihre Weltsicht die einzige Weltsicht ist die grundsätzlich richtig ist. Auf der anderen Seite sind die Bewusstseinswellen des zweiten Ranges – gelb und türkis – wahrhaft integrale Wellen, dadurch dass sie eine intuitive Bewusstheit aller Meme des ersten Ranges in sich tragen, und so die Wichtigkeit jedes einzelnen Mem erkennen, da jedes ein notwendiger Bestandteil der gesamten Wachstumsspirale ist; doch diese Erkenntnis ist ebenso durch und durch holarchisch (erinnern wir uns, dass Beck und Cowan herausfanden, dass die Akzeptanz von Holarchie, bzw. einer konzentrisch kreisförmig angeordneten Hierarchie, eines der definierenden Charakteristiken des zweiten Rangs ist). Und schließlich ist der dritte Rang ein allgemeiner Begriff für alle Zustände und Stufen die über türkis hinausgehen, bzw. wahrhaft transpersonal, transrational und supramental sind.

„Was wir - mit anderen Worten - wollen sind Bewusstseinsmodelle des zweiten Ranges, die das Bewusstsein des ersten, zweiten und dritten Ranges einschließen. Das heißt wir versuchen, den Geist in seiner höchsten Fähigkeit des integralen Denkens zu nutzen (gelb und türkis), um einen Überblick über das gesamte Bewusstseinsspektrum zu geben, und dies beinhaltet zumindest einen Hinwies auf diejenigen Zustände die trans-türkis und supramental und transpersonal sind. Natürlich, es gibt keine mentalen Modelle des dritten Ranges oder deren Zustände, weil diese Zustände selbst transmental sind: wenn man den dritten Rang direkt erfährt – so wie nirvikalpa samadhi oder reine Formlosigkeit – dann gibt es keinen konzeptuellen Geist der Modelle macht! Doch wenn wir aus diesen transmentalen Zuständen wieder herauskommen, dann können wir natürlich mentale Landkarten und Modelle schaffen, mit dem Verstehen dass man diese Zustände und Stufen des dritten Ranges direkt erfahren muss, und nicht nur über sie reden soll!" Hazelton lachte und schaute auf die Zuhörerschaft.

„Das also meinen wir wenn wir sagen, dass wir Modelle des zweiten Ranges über das gesamte Spektrum wollen (erste, zweiter und dritter Rang). Gute Beispiele davon sind z.B. James Mark Baldwin, William James, Michael Murphy, Roger Walsh, Jenny Wade, Charles Tart, Joel Funk, Michael Washburn, Skip Alexander, Francisco Varela, Susann Cook-Greuter, Frances Vaughan, und so weiter. Natürlich – und hoffentlich – bieten wir nicht nur mentale Modelle, sondern schließen auch spirituelle Praxis mit ein, welche es uns ermöglicht, diese höheren, supramentalen Zustände und Stufen des dritten Ranges direkt zu erfahren; aber zumindest wollen wir diese Zustände in unseren Modellen des zweiten Ranges anerkennen.

„Wie wir sagten ist das meiste des dritten Ranges, und speziell das Kausale, supramental und nicht-gegenständlich (und daher kann man keine mentalen Modelle schaffen, wenn man sich in diesen Zuständen des dritten Ranges befindet); wenn jedoch die Person aus diesen Bereichen ‚herauskommt', interpretiert er oder sie diese in Begriffen der eigenen mentalen Organisation. Und türkis – als der integralste der Bereiche die bisher evolviert sind – ist zu der heutigen Zeit am besten dafür ausgerüstet, das gesamte Bewusstseinspektrum am vollständigsten mental zu repräsentieren.

Und daher, noch einmal, wollen wir türkise Landkarten der Wellen des ersten, zweiten und dritten Ranges (oder des gesamten Spektrums, soweit es sich durch Karten darstellen lässt – was übrigens nicht sehr viel ist, was aber nicht bedeutet dass Karten überhaupt keinen Nutzen haben).

„Die Probleme beginnen wenn man anfängt, diese Ereignisse des dritten Ranges lediglich in Begriffen des ersten Ranges zu interpretieren, und genau das geschieht mit dem grün-memischen Buddhismus. Oder grün-memischen Schamanismus, oder grün-memischer Kabbhala, oder grün-memischen Pluralismus, und so weiter. Und wieder, dies ist nicht notwendigerweise schlecht, doch es zieht bestimmte, sehr unglückliche Konsequenzen nach sich." Hazelton ging hin und her, blieb stehen, atmete langsam ein, und fuhr fort. „Weil, wo immer grün hingeht, Boomeritis nachfolgt. Und ebenso wie Boomeritis viel von grün in diesem Land [USA] übernommen hat, ist boomeritis Buddhismus einer der am vorherrschendsten Formen des Buddhismus im derzeitigen Kampf um die Aufmerksamkeit. Seine Aussagen sind auch alle diejenigen, die wir für Boomeritis im allgemeinen als charakteristisch erkannt haben, jetzt angekoppelt an die Erfahrung authentischer meditativer Bewusstseinszustände, welche dann so interpretiert werden, dass sie das grüne Wertesystem unterstützen".

Joan schüttelte ihren Kopf. „Das Ergebnis ist ein Buddhismus, der von sich beansprucht egalitär, pluralistisch, nicht-marginalisierend, nicht-abstufend, und ganz besonders anti-hierarchisch zu sein. Und leider kommen all die Drehungen des gemeinen grünen Mem ins Spiel: dieser Buddhismus behauptet egalitär zu sein, aber er verdammt in Wahrheit all diejenigen Ansichten die anderer Meinung sind (doch wie kann das sein, wenn alle Ansichten wirklich gleich sind?) Er verwirft das Lehrer-Schüler Modell, da wir ja alle gleichrangige spirituelle Freunde sind, unterwegs auf dem gleichen Weg (doch warum bezahlen Leute diesen Lehrern Geld, wenn wir hier doch alle gleich sind?) Er verwirft Hierarchie in welcher Form auch immer (doch warum stellt er seine Sicht als besser dar als die Alternativen?) Er behauptet, dass Pluralismus die wahre Stimme des Mysterium des Göttlichen ist (doch warum verwirft er all die zahlreichen anderen Stimmen die damit nicht übereinstimmen?) Und manchmal geht er so weit, dass er die Wichtigkeit der Erleuchtung insgesamt verneint, weil alle spirituellen Erfahrungen als gleichwertig gesehen werden, ohne jedwede Bewertung oder Rangunterscheidung, und zu sagen dass es so etwas wie ‚Erleuchtung' gibt impliziert, dass diejenigen die nicht erleuchtet sind irgendwie minderwertig sind, und es ist nicht nett so etwas zu sagen, also sagen wir es nicht. Der wirkliche raison d'etre des Buddhismus – und zwar die Befreiung vom Leiden in der Grossen Befreiung des erwachten GEISTES, welche die mitfühlende Befreiung aller empfindenden Wesen erlaubt – wird wegen seiner politischen Unkorrektheit aus dem Fenster gekippt."

Joan ging weiterhin auf der Bühne hin und her. „Nun, die Liste der Taktiken des GGM [gemeinen grünen Mem] sind so legendär wie sie umfangreich sind. Dass boomeritis Buddhismus all diese Eigenschaften aufweist ist keine Überraschung, doch die eigentliche Travestie dabei ist die, dass ein wahrhaft integraler Buddhismus wahrscheinlich nie im Westen Fuß fassen wird, solange boomeritis Buddhismus die Oberhand behält, was zur Zeit ganz sicher der Fall ist.

„Das worum es geht ist ziemlich einfach: wenn sie die Seminarreihe über Boomeritis, welche wir hier am IC abgehalten haben, besucht haben, dann werden sie ein recht gutes Verständnis von Boomeritis haben – was es ist, was es bedeutet, wie es begann. Schaut man einfach auf die verschiedenen Formen von Spiritualität die zur Zeit verfügbar sind, einschließlich Buddhismus, findet man sie - so fürchte ich – vermischt mit Boomeritis. Meine Kollegen hier am IC sind da einer Meinung; boomeritis Buddhismus ist wahrscheinlich die größte innere Bedrohung des Dharma im Westen."