INTEGRAL WORLD: EXPLORING THEORIES OF EVERYTHING
Ein Forum für eine kritische Diskussion über die integrale Philosophie von Ken Wilber



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Frank Visser begründete 1997 IntegralWorld.net (damals unter dem Namen "The World of Ken Wilber"). Er ist der Autor der ersten Monografie über Ken Wilber und sein Werk: "Ken Wilber: Thought as Passion" (SUNY Press, 2003) und vieler Essays auf dieser Webseite. Gegenwärtig ist er Service Desk Manager für die weltweiten Sara Lee Webseiten bei der niederländischen Online-Werbeagentur Lost Boys.

Ken Wilbers
Mysterianismus

Wie man sich nicht für die
spirituelle Evolution stark machen sollte

Frank Visser

Was ist denn genau die ,,Neuartigkeit'', für die die Evolutionstheorie angeblich nicht verantwortlich zeichnen kann?

In einem neueren Video nur für Mitglieder auf Integral Life, betitelt "Kann die Evolutionswissenschaft Evolution selbst erklären? / Das Geheimnis der Evolution"[1], wiederholt Ken Wilber seine Ansicht über die Evolution vor einer Gruppe von Studierenden. (Obschon der längste Teil des Videos von dem Bewusstsein der ersten Person handelt und die Unfähigkeit der Naturwissenschaft zu erklären it— oder sollten wir vielleicht sagen, dass die Naturwissenschaft sagt, dass Bewusstsein nicht das ist, was wir denken, was es ist? In diesem Essay wollen wir uns jedoch auf Evolution im eigentlichen Sinn fokussieren).

Von dem Intro-Text:

Nichts hat mehr getan, um unser Verständnis des Universums zu revolutionieren, als die Evolutionstheorie. Sie hat fast universell unsere Denkweise von der Welt und uns selbst reformatiert, indem sie den menschlichen Zustand (conditio humana) in eine viel weitere Geschichte von kreativem Erscheinen eingeschaltet hat, ein Vermächtnis, das den gesamten Weg zurück zum Urknall ausweitet. Doch soviel auch unsere modernen Methodologien uns geholfen haben, die natürliche Welt um uns herum zu beleuchten, indem sie immer tiefer in das Unbekannte vorgedrungen sind, haben sie doch sehr wenig getan, das wundersame Mysterium zu eliminieren, in dem wir uns alle als gefangen empfinden. Die Naturwissenschaft ist in der Lage, das ,,Was'' und ,,Wie'' der Evolution zu verschaffen, aber das ,,Warum'' verbleibt ebenso schwer fassbar wie immer— warum gibt es etwas anstelle von Nichts? Warum scheint es eine natürliche ,,Neigung'' des Universums auf zunehmende Kreativität und Komplexität hin zu geben? Weshalb kann die Evolutionswissenschaft uns anscheinend nicht näher zum Verständnis unserer eigenen inneren Erfahrungen bringen, wie naturwissenschaftliche Materialisten versuchen, Bewusstsein zu erklären, indem sie es wegerklären?

In diesem Video macht Wilber seine Position klar: Naturwissenschaft ist hilfreich bei Phänomenen ,,sobald sie in Erscheinung getreten sind'', doch sie ist nicht in der Lage, Phänomene zu erklären, ,,sobald sie zum ersten Mal erscheinen''. Dafür ist etwas Anderes vonnöten, das Wilber in seinen Schriften und Gesprächen so nennt: Eros, Geist-in-Aktion, oder nennen wir es einfach Gott. Folgerichtig schafft eine derartige Sicht der Evolution Ehrfurchtsgefühle, wie von einem seiner Studierenden bekundet und von Wilber gebilligt wurde.

Ich sehe diese Ansicht als ein Resultat von lässigem Denken an und letztendlich als schädlich. Sie erklärt überhaupt nichts. Sie ist Anti-Entdeckung. Sie verursacht einerseits eine leichte Teilung bei der reduktionistischen Naturwissenschaft, die ihren eigenen Job bei der Klärung der Details der Natur macht, und andererseits bei der evolutionären Spiritualität, die Evolution ,,erklärt'' und eine inspirierende Weltsicht von Wachstum verschafft.

Warum können dann Naturwissenschaftler mit so viel Leidenschaft und Faszination schreiben — ja, sogar mit einem sense of wonder (etwa: bezaubernd; d.Übs.) — über die Evolution von Organismen und deren Organe, bis hinunter auf die Ebene der Gene, wie zum Beispiel Neil Shubin in seinem enorm fesselnden Buch Your Inner Fish: A Journey into the 3.5-Billion-Year History of the Human Body(Ihr innerer Fisch: eine Reise in die 3,5 Milliarden Jahre alte Geschichte des menschlichen Körpers)? Und sogar Sachen im Prozess erklären? Shubin hat vor kurzem ein Fossil eines Fisches mit Beinen auf Ellesmere Island, Kanada entdeckt, das das fehlende Glied zwischen Fischen und Landtieren zur Verfügung stellt. Er nannte es Tiktaalik, das bedeutet ,,großer Süßwasserfisch'' in der Sprache der kanadischen Einheimischen.

Naturwissenschaft verleugnet nicht das Mysterium, sie vertieft es.

Was ist daher die ,,Neuartigkeit'', für die die Evolutionswissenschaft angeblich nicht verantwortlich zeichnen kann? Wem erzählen Sie das, das wird nie in Wilbers Gesprächen und Schriften genau angegeben. Ein Auge? Ein Flügel? EinDinosaurier? Fische kommen an Land? Wo genau versagt die Naturwissenschaft und benötigt sie eine spirituelle Hypothese? Wenn das nicht genau angegeben wird, dann wird alles bedeutungslos. Das Pathos ist unangebracht, wie auch der Schlendrian von Wilbers Äußerungen über die Evolutionstheorie durch seine gesamte Schreibkarriere.

Shubin, der sich auf den Ursprung von neuen Faunen und anatomischen Systemen spezialisiert, schreibt auf seiner persönlichen Webseite:

Ich versuche, die Mechanismen hinter dem evolutionären Ursprung neuer anatomischer Merkmale und Faunen zu verstehen. Die meiner gesamten empirischen Arbeit zu Grunde liegende Philosophie ist abgeleitet von der Überzeugung, dass Fortschritt beim Studium der Evolutionsbiologie resultiert aus der Verbindung von Forschung über diverse zeitliche, stammesgeschichtliche und strukturelle Skalen. Der Ursprung von neuen Faunen und anatomischen Systemen: Viel von der heutigen Verschiedenheit der Wirbeltiere wurde durch ökologische und evolutionäre Verschiebungen definiert, die während zweier ausschlaggebender Intervalle in der Erdgeschichte geschahen: dem Devon und dem Trias. Diese Perioden dienen als Schwerpunkt für meine Forschung, weil sie sowohl den Ursprung neuer Ökosysteme als auch neuer anatomischer Modelle bezeugen. Meine Feldforschung verschafft neue Fossilien und einen urzeitlichen Umweltkontext, um den Ursprung von Faunen zu verstehen, wohingegen unsere morphologischen, funktionalen und Entwicklungsstudien Hypothesen für anatomische Transformationen liefern.

Wir benötigen immer noch eine solide integrale Debatte über Evolution. Da das laufende Jahr die 200. Wiederkehr von Darwins Geburt im Jahr 1809 ist (und der 150. Jahrestag der Veröffentlichung von On the Origin of Species [Über den Ursprung der Arten] 1859), kann es kaum eine bessere Zeit geben. Das macht das Evolutions-Video bei Integral Life so enttäuschend.

Wir könnten etwa so beginnen. Darwin hat im Wesentlichen eine Art Null-Hypothese vorgeschlagen:

Das offensichtliche Design in der Natur kann erklärt werden, ohne eine Art von Designer heraufzubeschwören [Lies: Spirit, Eros, Force, Power, Mind, God].(Geist, Eros, Kraft, Macht, Verstand, Gott).

In der Statistik ist die Null-Hypothese eine plausible Hypothese, die einen gegebenen Datensatz erklären mag. Eine Null-Hypothese wird geprüft, um zu entscheiden, ob die Daten hinreichenden Grund beschaffen, irgendeine alternative Hypothese zu verfolgen. Das ist genau, was Dennett passend ,,Darwins gefährliche Idee'' genannt hat. Es ist eine Idee, die dem widerspricht, was jeder durchschnittliche Mensch auf der Straße, heutzutage als auch ebenso in den Tagen von Darwin, von biologischen Organismen glaubt: sie sind zu komplex, als dass sie sich durch eine zufällige Chance entwickelt haben könnten —konsequenterweise deuten sie auf die Existenz irgendeines Designers hin. Das ist die alternative Hypothese.

Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass Naturwissenschaft beginnen muss mit einer ,,reduktionistischen'' Sicht. Eine derartige Sicht ist nicht nur einfacher als irgendeine andere, sie vermeidet auch die Kreisförmigkeit in irgendeiner nicht-reduktionistischen Sicht, die daran festhält, dass Pflanzen wachsen, ,,weil sie wachsen wollen''. Oder dass Holons sich zu größeren Holons gruppieren, weil es übrigens eine ,,Tendenz'' in der Natur gebe, es so zu machen. Oder dass Fische es schaffen, auf das Land zu kommen, weil Eros sie sanft gedrängt hat...man erfasst den Sinn. Das hat kaum irgendeinen erklärenden Wert: es setzt genau das voraus, was zu beweisen ist. Es ist der Fehlschluss, der Frage auszuweichen.(Das zu Beweisende als feststehend betrachten; d.Übs.)

Zweitend muss ein Test dieser Null-Hypothese gründlich und fair durchgeführt werden. Nur wenn es für jeden, der an der Diskussion beteiligt ist, klar geworden ist, dass Naturwissenschaft, auf sich selbst angewiesen, es nicht schafft, Evolution zu erklären, sollten wir eine Alternative in Erwägung ziehen. Und dieser Punkt ist bisher mit Sicherheit noch nicht erreicht. Wenn wir einen Vergleich mit Marketing ziehen möchten, wo man einen Go-Error (Grundfehler)(etwas zu früh auf den Markt bringen) oder einen Drop-error (der gleiche, doch zu spät oder überhaupt nicht), hat Ken Wilber einen Go-error begangen. Er hat die Notwendigkeit eines spirituellen Ansatzes für die Evolution verkündet, ohne einen adäquaten Überblick über das Feld gegeben zu haben (einschließlich des Intelligenten Designs).

Dabei genügt es nicht, einige Gegenbeispiele hervorzuzaubern und zu verkünden, dass die naturalistische Evolutionstheorie widerlegt ist (wie es Wilber versucht hat, und wie er dabei dramatisch gescheitert ist in A Brief History of Everything in seinen höchst zweifelhaften Erklärungen über Augen und Flügel). Seine spätere Aussage, dass diese Linien bloß bedeuten sollten, die ,,Notwendigkeit einer selbst-organisierenden Kraft (oder Eros), die im Universum intrinsisch ist'' zu illustrieren, weicht wieder der Frage aus, weil die Notwendigkeit zuerst ordentlich debattiert werden sollte. Es ist eine Sache, sich auf das Verständnis des Laien von Evolution auszurichten; die Spezialisten in diesem Feld zu überzeugen, ist etwas Anderes.[2]

Noch einmal: wo ist es nötig geworden, eine derartige alternative Hypothese heraufzubeschwören? Sicherlich NICHT, sobald es zum Thema der Evolution von Augen und Flügeln kommt? ! Naturwissenschaft hat sich als sehr befähigt herausgestellt, eine glaubhafte Hypothese voranzubringen (siehe Shubins Buch im Kapitel über Sehvermögen). Indem er diese Information vor seinen Lesern verbirgt, disqualifiziert das Wilber als glaubhaften Reporter auf einem der Hauptfelder in der Naturwissenschaft.

Darwins berühmtes und erfolgreiches Erklärungsmodell ,,Vererbung mit Modifikation'' wird von Wilbers Bemerkungen von ,,Vererbung mit Neuartigkeiten'' oder ,,Karma und Kreativität'' ersetzt (wie der Arbeitstitel von Band 2 seiner Kosmos-Trilogie jetzt schon seit vielen Jahren genannt wird). Wenn jedoch Neuartigkeit oder Kreativiät behandelt wird als etwassui generis (was keine weiteren Erklärungen benötigt), führt uns das nicht zu einem ziemlichen Zirkelschluss, in dem Neuartigkeit erklärt wird durch...Neuartigkeit?[3] Im Gegensatz dazu erklären Darwinisten wie Shubin oft das Auftauchen neuer Organe durch die Fähigkeit der Natur, alte Strukturen wiederzuverwenden (d.h. der Kieferknochen von Reptilien erscheint wieder als unser Ohr-Knochen, sobald Hören relevanter wurde als Kauen, etc.) Da gibt es keine Notwendigkeit für irgendeinen Eros.

Sogar zu Darwins Zeiten, als diese Themen auf beiden Seiten des Arguments heiß diskutiert wurden, erschien die Null-Hypothese der Evolution—keine Extrakraft ist notwendig zur Erklärung des Auftauchens von komplexen Lebensformen —dem Laien unglaubwürdig. Jedoch genau aus diesem Grund hat sie sich als eine derartig kühne und ergiebige Hypothese herausgestellt.

Als Wilber in seinem "An Integral Theory of Consciousness" (1997)—einem seiner sehr wenigen Essays, die in einem akademischen Journal veröffentlicht wurden—, sich auf Daniel Dennett beruft beim Voraussetzen, dass ,,es gibt eine evolutionäre Logik, die offensichtlich pandemisch in ihren Handlungen ist'', direkt unter einer Abbildung, die die Große Kette des Seins und Bewusstseins darstellt, hat er bequemerweise ignoriert, dass Dennett in der Tat genau eine derartige Geist-zuerst-Ansicht der Evolution in seinem Darwin's Dangerous Idea(Darwins gefährliche Idee) widerrufen hat!

Andrea Diem-Lane auf dieser Webseite über Dennetts Buch über Darwin:

Was ist Darwins gefährliche Idee?

Darwins Idee ist die einzige beste Idee, die irgend jemand jemals gehabt hat, argumentiert Dennett. Sie ist ebenso die gefährlichste. Was er damit meint, ist dass sie brennt, wie eine ,,universelle Säure'' durch jede falsche Konzeption, die wir von der Natur haben. Eine spezielle Schöpfung ist weggebrannt; die kosmische Pyramide von Gott, Verstand, Designordnung etc. ist vernichtet; Platons Essenzialismus ist zerstört; Lockes Primat des Verstandes gibt es nicht mehr.

Darwin hat die Welt im Alleingang entmystifiziert mit seinem Reduktionismus und hat all unser traditionelles Verständnis mit einem Streich an sich gerissen.

Es genügt nicht, Dennett einen ,,Reduktionisten'' zu nennen oder Dawkins einen ,,Prediger'' oder zu verkünden, dass die Beweislast für Selbstorganisation ,,überwältigend'' sei. Das ist gelinde gesagt eine eigentümliche Weise, seine Sache zu begründen. Zumindest in der Naturwissenschaft. Indem er sich so auf Dennett beruft, versucht Wilber, die Naturwissenschaft an Bord zu nehmen, andererseits platziert ihn seine spirituelle Theorie tatsächlich gänzlich außerhalb des Feldes der Naturwissenschaft.

Es ist eine andere Form von Mysterianismus.

Bemerkungen

[1] Eingesetzt am 5.Februar 2009

[2]Wenn Wilber immer noch Zweifel an der Möglichkeit einer ,,Zufalls''-Evolution von Augen und Flügeln hat, würde er gut daran tun, Ernest Mayr zu konsultieren, der schreibt in What Evolution Is[Was Evolution ist] (2001, Anhang A: ,,Was haben Kritiken aus der Evolutionstheorie gemacht ?'', S.269):

Die Geschichte der Evolution, wie sie während den vergangenen fünfzig Jahre ausgearbeitet worden ist, wird weiterhin angegriffen und kritisiert. Die Kritiker halten entweder an einer gänzlich unterschiedlichen Ideologie fest, wie es die Kreationisten tun, oder sie haben einfach das darwinistische Paradigma falsch verstanden. Ein Autor [so wie Wilber], der sagt: ,,Ich kann nicht glauben, dass dass Auge sich durch eine Folge von Zufällen entwickelt hat,'' dokumentiert, dass er oder sie bloß die Zwei-Schritt-Natur der natürlichen Auslese nicht verstanden hat. [d.h. Zufallsvariation und nicht-zufälliges Überleben und Reproduktion, siehe S. 119-120]."

[3] Für einen vorläufigen Entwurf dieser Ideen siehe Wilbers "Auszug A: An Integral Age at the Leading Edge; Part I: Kosmic Karma" (2002):

Mit anderen Worten: dieser gegenwärtige Moment ist sowohl ähnlich dem vorhergehenden Moment und ebenso irgendwie verschieden. Dieses Thema—die Beziehung der Gegenwart zur Vergangenheit—stellt sich als entscheidend wichtig heraus, denn sie berührt jeden Aspekt unseres Lebens(von psychologischen zu soziologischen zu spirituellen). Er ergibt sich, dass Vergangenheit-und-Gegenwart irgendwie eine Vererbung-mit-Neuartigkeit konstituiert—mit anderen Worten: der gegenwärtige Moment ist eine mysteriöse Mischung von Karma und Kreativität. Dass karma-and-creativity[Karma und Kreativität] sich als genau die Matrix unserer Moment-zu-Moment-Wirklichkeit herausstellt und wie wir diese Matrix in Begriffe fassen, wird deshalb ein entscheidender Bestandteil in unserem eigenen Selbstverständnis sein.

Man fragt sich, wann diese Ideen wirklich ausgearbeitet und veröffentlich werden, damit sie die öffentliche Domäne für eine ordentliche Bewertung betreten können?.

Im gleichen Auszug A (Teil V: Integral Methodological Pluralism [Integraler methodologischer Pluralismus]) wiederholt Wilber seine zuerst vorgeschlagene Beweisführung inA Brief History of Everything für die Evolution von Augen und Flügeln, diesmal jedoch dem Auftauchen von Säugetieren angepasst:

Sogar die Evolutionswissenschaften unterstützen diese Schlussfolgerung dadurch, dass sie alle der Tatsache zustimmen (sogar wenn sie es nicht erklären können), dass es keine ersten Instanzen in der Evolution gibt. Sobald die erste Instanz einer neuen Spezies auftaucht —zum Beispiel das erste Säugetier—taucht es niemals durch sich selbst auf;was sich zuerst zeigt, ist eine gesamte Population von Säugetieren.

Also erschafft Eros kollektiv Säugetiere und dann übernimmt die darwinistische Evolution? Gibt es da draußen irgendeinen Evolutionstheoretiker, der das ernst nimmt?

Entweder gibt es einen Antrieb hinter der Evolution oder nicht. Wenn 99,99% aller Evolutionstheoretiker diese Idee nicht abkaufen, sollte uns das nicht etwas sagen? Wenn Wilbers Ziele, in irgendeiner fundamentalistischen Weise die Evolutionstheorie zu revolutionieren, er hat es noch nicht getan nach all den Jahren, ein zwingendes Argument liefern würden.

Lasst uns abschließend Ernest Mayr zitieren, den Autor des maßgeblichen What Evolution Is (2001), aus einem Abschnitt über ,,Der Ursprung von evolutionären Neuartigkeiten'':

Einige von Darwins Kritikern [sowie Wilber] geben gern zu, dass eine existierende Struktur durch Gebrauch und Missbrauch oder durch natürliche Auslese verbessert werden könnte, wie könnten derartige Prozesse eine gänzlich neue Struktur produzieren? ...Es gibt zwei unterschiedliche Bahnen, durch die eine evolutionäre Neuartigkeit erreicht werden kann: durch eine Intensivierung der Funktion oder durch die Übernahme einer gänzlich neuen Funktion.'' (S. 204).

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